Donnerstag, April 18, 2024

Helicobacter pylori-Infektion und mögliche positive Folgen

Eine Helicobacter pylori-Infektion wird mit Gastritis, Magengeschwüren und Krebs in Zusammenhang gebracht. Doch das Magenbakterium scheint auch positive Auswirkungen zu geben.

Eine Helicobacter pylori-Infektion wird für die Entstehung von Gastritis, Magengeschwüren und in der Folge sogar Krebs verantwortlich gemacht. Doch es scheint, dass das Bakterium Helicobacter pylori auch positive Effekte haben könnte. Ein Team von WissenschafterInnen aus Graz und New York hat erstmals die Auswirkungen einer Helicobacter pylori-Infektion in Magen, Darm und Lunge über einen Zeitraum von sechs Monaten untersucht.

 

Helicobacter pylori-Infektion weit verbreitet

Auf und in unserem Körper leben rund zwei Kilogramm Bakterien. Welche von ihnen „gut“ und welche „böse“ sind, ist dabei nicht immer so leicht zu unterscheiden, da ihr komplexes Zusammenspiel noch wenig erforscht ist. Das gilt auch für eine Helicobacter pylori-Infektion mit dem Magenbakterium.

„Wir wissen zum Beispiel, dass in Gesellschaften, in denen Helicobacter weiter verbreitet ist, Kinder seltener an Asthma erkranken“, so Dr. Sabine Kienesberger vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Karl-Franzens-Universität Graz, Erstautorin der relevanten Publikation in Cell Reports.

Bei ihren Forschungen entdeckten die WissenschafterInnen mehrere interessante Zusammenhänge. „Unsere Untersuchungen zeigten, dass es bei einer Helicobacter pylori-Infektion zu einer Anreicherung bestimmter T-Zellen in der Lunge kommt. Diese Zellen spielen eine wichtige Rolle im Immunsystem“, berichtet Kienesberger.

 

Helicobacter pylori-Infektion und die entsprechenden Auswirkungen im Mausmodell

Besonders überrascht hat das Team, dass es auch Veränderungen in der Zusammensetzung der Darmflora gibt. Diese können wiederum zu einer Stimulierung des Immunsystems führen. Außerdem stellten die ForscherInnen Verschiebungen im Hormon-Haushalt fest. „So steigt zum Beispiel die Konzentration des ,Hunger-Hormons‘ Ghrelin an. Bei Überproduktion regt es den Appetit an. Von Ghrelin ist bekannt, dass es ebenfalls Auswirkungen auf das Immunsystem hat“, ergänzt Kienesberger.

Das Besondere an der Studie ist zudem, dass es gelungen ist, die Helicobacter pylori-Infektion und die entsprechenden Auswirkungen im Mausmodell als dynamischen Prozess über einen längeren Zeitraum zu beobachten. „Überraschend waren die frühen und teilweise gegensätzlichen Auswirkungen auf die Lunge, obwohl erst zu späteren Zeitpunkten eine ansteigende Immunreaktion im Magen zu beobachten war“, erklärt Kienesberger. Die Studie legt eine fundierte Basis, um das komplexe Zusammenwirken von Helicobacter, Mikrobiom und Immunsystem zielgerichtet erforschen zu können.


Literatur:

Gastric Helicobacter pylori Infektion Affects Local and Distant Microbial Populations and Host ResponsesSabine Kienesberger, Laura M. Cox, Alexandra Livanos, Xue-Song Zhang, Jennifer Chung, Guillermo I. Perez-Perez, Gregor Gorkiewicz, Ellen L. Zechner, and Martin J. BlaserCell Reports, February 16, 2016

Für die zitierte Publikation arbeitete Kienesberger mit KollegInnen der Karl-Franzens-Universität, der Medizinischen Universität Graz und der New York University School of Medicine zusammen. Einen wesentlichen Teil ihrer Untersuchungen hatte sie im Rahmen eines zweieinhalbjährigen Post-Doc-Aufenthalts in New York im Team von Prof. Dr. Martin Blaser, Pionier der Mikrobiomforschung, durchgeführt. An der Uni Graz forscht sie in der Arbeitsgruppe um Univ.-Prof. Dr. Ellen Zechner. Die Studie fand im Rahmen von BioTechMed-Graz, der gemeinsamen Forschungsinitiative von Karl-Franzens-Universität, Medizinischer Universität und TU Graz, statt.

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