Freitag, April 19, 2024

Grenzwerte für Schadstoffe

Durch Grenzwerte für Schadstoffe sollen die Menschen vor Gefahren geschützt sowie Belastungen in der Umwelt reduziert werden.

Grenzwerte für Schadstoffe sollen Menschen vor Gefahren schützen und Belastungen in der Umwelt reduzieren. Das Entscheidende bei ihrer Erstellung ist eine umfassende Dokumentation sowie eine sachgerechte Interpretation. Gerade in der Dieseldebatte fällt oft die Frage, warum Grenzwerte am Arbeitsplatz viel höher sein dürfen als im Alltag. Wird bei der Überschreitung dieser Normen die gesundheitliche Gefährdung der Arbeitnehmer in Kauf genommen? Wie kann man die Grenzwerte verstehen und in der Praxis anwenden? Mit diesen Fragen beschäftigen sich Experten aus den Bereichen Toxikologie (Uni  Karlsruhe) und Arbeitsmedizin (DGAUM) in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift ASU.

Wie werden die Grenzwerte festgelegt?

Die sogenannte MAK-Kommission (Maximale Arbeitsplatz-Konzentration) fungiert als ständige Senatskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft und berät die Politik bei der Prüfung gesundheitsschädlicher Wirkstoffe. Sie bringt jährlich eine aktualisierte MAK- und BAT-Werte-Liste heraus und erarbeitet detaillierte wissenschaftliche Begründungen für die jeweiligen Bewertungen der Schadstoffe. Darüber hinaus erarbeitet und prüft die Kommission die Methoden, die beim Nachweis der Schadstoffe in der Luft oder im biologischen Material angewandt werden. Das Gremium besteht aus 40 Experten aus den Fachgebieten Toxikologie, Arbeitsmedizin, Dermatologie, Pulmologie, Allergologie, Pathologie, Epidemiologie und Analytik. Ferner wird es von den Fachleuten der beratenden Institutionen  BAuA, BfR oder DGUV unterstützt.

Grenzwerte am Arbeitsplatz

Arbeitsplatzgrenzwerte werden für überwiegend gesunde Personen im arbeitsfähigen Alter konzipiert. Bevor ein Grenzwert festgelegt wird, finden intensive Beratungen statt. „Hierbei muss auch berücksichtigt werden, dass die Grenzwerte anhand immer empfindlicherer Reaktionen abgeleitet werden“, erklärt der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin, Prof. Hans Drexler aus Erlangen. Schon Reaktionen, die frühzeitig und mit nur geringen klinischen Krankheitszeichen auftreten, werden intensiv diskutiert. Die Frage, wann diese  bei chronischen Belastungen zu Krankheiten führen können, wird in Deutschland im Rahmen eines zweistufigen Verfahrens geklärt. Die MAK-Kommission schlägt gesundheitsbasierende Grenzwerte vor und der Ausschuss für Gefahrstoffe legt fest, in welchem Zeitraum die Grenzwerte umgesetzt werden können.

Grenzwerte in der Umwelt

Grenzwerte in der Umwelt sind oft weit niedriger als am Arbeitsplatz. Im Mittelpunkt steht dabei das Schutzbedürfnis der Allgemeinbevölkerung, also auch von Kindern, älteren sowie gesundheitlich vorgeschädigten Personen. Deshalb gilt beispielsweise bei dem NO2-Grenzwert für Dieselfahrzeuge ein Jahresmittelwert von 40 µg/m3, während für die Luft am Arbeitsplatz dieser bei 950 µg/m3 liegt, somit um Faktor 20 höher ist. „Obwohl eine kurzfristige Überschreitung des Grenzwerts keine akute Gesundheitsgefahr bedeutet, ist dieser zur Vermeidung von chronischen Gesundheitsschäden für die Allgemeinbevölkerung durchaus plausibel und sinnvoll, wäre aber für den Arbeitsplatz nicht adäquat“, betonen die Fachexperten Prof. Andrea Hartwig und Prof. Hans Drexler in ihrer aktuellen Publikation. In den letzten 15 Jahren ist die Belastung in der Außenluft erheblich zurückgegangen. Diesen Trend gilt es zu halten.

Grenzwerte in der Lebensmittelindustrie

Grenzwerte im Lebensmittelbereich werden in der Regel auf Basis hoher Sicherheitsfaktoren abgeleitet. Aus Vorsorgegründen erfolgt die Bewertung anhand der höchsten Konzentrationen, die gemessen wurden. Im Fall des Fipronil-Skandals beruhigen die Experten: „Der Verzehr von Eiern, in denen Fipronil in Konzentrationen unterhalb des Grenzwerts gefunden wurde, führt nach derzeitigem Kenntnisstand zu keiner Gesundheitsschädigung. Selbst bei kurzfristiger Überschreitung eines Grenzwerts ist keine Gefahr im Verzug.“

Mehr zum Thema „Grenzwerte am Arbeitsplatz und in der Umwelt“ lesen Sie im Beitrag von Prof. Dr. rer. nat. Andrea Hartwig und Prof. Dr. med. Hans Drexler in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Umweltmedizin“ (ASU): https://www.asu-arbeitsmedizin.com/

Related Articles

Aktuell

Zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom kultivieren

Wichtig zur Klärung der Metastasierung: Forscher gelang es, zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom zu kultivieren. Die Forschung zum kleinzelligen Lungenkarzinom (SCLC), einer besonders aggressiven Form...
- Advertisement -

Latest Articles

Individuelle Beratung zur Ernährung für Krebspatienten

Beratung zur Ernährung für Krebspatienten: Verbesserung der Lebensqualität durch individuelle ernährungsmedizinische Unterstützung. Eine rechtzeitige und individuell angepasste Beratung zur Ernährung kann wesentlich zur Verbesserung der...

Warum HIV trotz Kombinationstherapie höchst aktiv sind

Neue Herausforderungen in der HIV-Behandlung sind, dass aktive HI-Viren trotz Kombinationstherapie weiterhin aktiv bleiben. Die HIV-Kombinationstherapie, eingeführt in den 1990er Jahren, gilt als Meilenstein in...

Partnerschaft mit Diabetes-Patienten: auch die Partner profitieren von Einbeziehung

Den Partner in die Diabetes-Behandlung zu integrieren, verbessert die Partnerschaft und das gemeinsame Wohlbefinden. Diabetes Typ-2 stellt nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für...