Samstag, April 27, 2024

Gesundheitsinformation googeln, lesen und sich gesünder fühlen

Suchen und Lesen einer Gesundheitsinformation im Internet kann speziell nach bedrohlicher Arztdiagnose zu einer besseren gesundheitlichen Selbstwahrnehmung führen.

Forscherinnen und Forscher des Leibniz-WissenschaftsCampus Tübingen „Bildung in Informationsumwelten“ haben herausgefunden, dass das Suchen und Lesen von medizinischer Information im Internet zu einer positiveren Wahrnehmung der eigenen Gesundheit führen kann – und zwar dann, wenn Patienten nach einer Diagnose gesundheitliche Bedrohung erleben.

 

Gesundheitsinformation vom Arzt wird häufig als zu kurz oder oberflächlich empfunden

Patienten suchen bei vielen Erkrankungen das Gespräch mit Ihrem Arzt, doch dies wird häufig als zu kurz oder oberflächlich empfunden. Erkrankte nutzen daher das Internet, um ihre Diagnose besser zu verstehen und eine kompetente Gesunheitsinformation über das Heilungsverfahren oder den Krankheitsverlauf zu erfahren.

Psychologen des Leibniz-WissenschaftsCampus Tübingen „Bildung in Informationsumwelten“ haben entdeckt, dass Patienten nach medizinischen Diagnosen und im Falle eines von Krankheit ausgehenden Gefühls der Bedrohung eine über ihre Krankheit rezipierte Gesundheitsinformation bei der Internetsuche einseitig aufnehmen. Dabei ist überraschend: Je schwerer die Erkrankung, desto zuversichtlicher fühlen sich Menschen nach intensiver Internetrecherche in Bezug auf ihre eigene Gesundheit.

 

Menschen unter persönlicher Bedrohung durch die Arztdiagnose bewerten die Gesundheitsinformation aus dem Web unterbewusst zu ihren Gunsten

Den Grund vermuten die Wissenschaftler darin, dass das Gefühl von Einschränkung und persönlicher Bedrohung, wie es häufig durch eine medizinische Diagnose ausgelöst wird, zu einer einseitigen Informationsauswahl und Verarbeitung führt.

Das bedeutet, dass sich viele Menschen unter Bedrohung bei ihrer Internetrecherche unbewusst auf die positiven Informationen konzentrieren und negative ausblenden, wie der Psychologe Prof. Dr. Kai Sassenberg erklärt: „Um das Gefühl der Bedrohung zu reduzieren, wählen Patienten bei der Informationssuche im Internet mehr positive Links aus und erinnern sich öfter an positive Informationen aus gelesenen Texten.“ Erkrankte formen sich so einen verfälschten Eindruck von ihrer eigenen Situation, denn sie übersehen potentielle negative Verläufe ihrer Krankheit.

Da Patienten nach der Internetrecherche häufig mit diesem einseitigen Bild zum Arzt zurückkehren, sehen sich Ärzte neuen Herausforderungen gegenüber. In einer Zusammenarbeit mit Dozenten des Universitätsklinikums Tübingen arbeiten die Forscherinnen und Forscher des Leibniz-Instituts für Wissensmedien derzeit im Rahmen des Leibniz-WissenschaftsCampus Tübingen an Unterrichtseinheiten für zukünftige Ärzte. Darin lernen Medizinstudierende den angemessenen Umgang mit (fehl-)informierten Patienten.


Literatur:

Sassenberg K, Greving H. Internet Searching About Disease Elicits a Positive Perception of Own Health When Severity of Illness Is High. A Longitudinal Questionnaire Study. J Med Internet Res. 2016 Mar 4;18(3):e56. doi: 10.2196/jmir.5140. PMID: 26944335; PMCID: PMC4799430.

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