Höhere Einkommen, besserer Krankenversicherungsschutz sowie medizinischer Fortschritt führen zu höheren Gesundheitsausgaben. Doch das schwächt die Wirtschaftsleistung nicht.
Immer häufiger wird die Frage analysiert, ob die Gesundheitsausgaben mit zunehmender Lebenserwartung explodieren werden. Dazu werden Bevölkerungsalterung, medizinischer Fortschritt und die Entwicklung der Gesundheitsausgaben in Zusammenhang gesetzt und die Konsequenzen für die wirtschaftliche Entwicklung und Wohlfahrt untersucht. Diese sowohl akademisch als auch politisch relevanten Fragestellungen wurden im Rahmen des Projekts “Medical Progress, Health Expenditure and Population Ageing (MEDPRO)” am Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften beantwortet.
Höhere Gesundheitsausgaben durch Einkommenssteigerungen, ausgeweiteten Krankenversicherungsschutz und medizinischen Fortschritt
Einkommenssteigerungen, die Ausweitung von Krankenversicherungsschutz sowie der medizinische Fortschritt lassen die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen und damit die Gesundheitsausgaben steigen. Die Wirtschaftsleistung wird dadurch aber nicht geschwächt. Denn begleitend ermöglicht die erforderliche vermehrte Bildung von Ersparnissen zur Finanzierung einer längeren Lebensspanne eine erhöhte Investitionstätigkeit und stabilisiert somit die Wirtschaftsleistung. Ebenso führen Anreize für lebensrettende medizinische Innovationen in „generösen“ Gesundheitssystemen zu deutlichen Wohlfahrtsgewinnen aufgrund einer erhöhten Lebenserwartung. Damit werden die steigenden Ausgaben mehr als kompensiert.
Problematischer ist, dass die Zugewinne an Lebenserwartung in vielen Ländern stark vom sozio-ökonomischen Status abhängen. Hier zeigt sich in den Analysen, dass der zunehmende Unterschied in der Lebenserwartung zwischen besser und schlechter Ausgebildeten in zwei Faktoren begründet ist: Einerseits erlaubt das niedrige Einkommen gering Qualifizierter nur begrenzte Investitionen in die Gesundheit; wichtiger ist aber, dass die geringer Qualifizierten selbst bei gleichem Einkommen die Gesundheitsversorgung weniger effektiv nutzen, da innovative Therapien erst verspätet wahrgenommen werden.
Den Analysen zugrunde liegen mathematisch-ökonomische Modelle, die das Gesundheits- und Konsumverhalten von Individuen abbilden und daraus das Zusammenwirken von Angebot und Nachfrage auf dem Gesundheits- sowie Güter-, Arbeits- und Kapitalmarkt ableiten. Diese Modelle wurden mithilfe US amerikanischer Daten kalibriert und ermöglichen die Simulation verschiedener politischer Szenarien.
Das MEDPRO Projekt (P 26184-G11) wurde in den Jahren 2014-2017 vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) gefördert und unter Leitung von Michael Kuhn am Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften durchgeführt.
Weitere Informationen:
http://medpro-project.eu/
https://www.oeaw.ac.at/vid/
http://www.wittgensteincentre.org/