Donnerstag, März 28, 2024

Gesundheitliche Chancengleichheit – Tirol und Wien im Vergleich

Unter dem Titel Gesundheitliche Chancengleichheit – Tirol vs. Wien erörterte die Tiroler Gebietskrankenkasse Herausforderungen rund um soziökonomische Besonderheiten in Tirol und Wien.

 

Tirol versus Wien, Ost versus West, Land versus Stadt – die unterschiedlichen Herausforderungen rund um gesundheitliche Chancengleichheit wurden im Rahmen der hochkarätig besetzten Diskussionsrunde definiert und insbesondere soziale aber auch geographische Besonderheiten berücksichtigt. Unter dem Titel Gesundheitliche Chancengleichheit standen unterschiedlichste Faktoren, die zum Erhalt und zur Förderung von Gesundheit beitragen, zur Diskussion: Regionale Gegebenheiten ebenso wie soziale Faktoren wie Bildung, Einkommen, Infrastruktur und sozialer Status.

Wissenschaftlich beleuchtet wurde das Thema durch Referate von Univ.-Doz. Mag. Dr. Wolfgang Dür, Dozent am Institut für Soziologie der Universität Wien, und Motivforscherin Dr. Helene Karmasin. Im Anschluss diskutierten Bundesministerin Dr. Sabine Oberhauser, die Wiener Sozialstadträtin Mag. Sonja Wehsely, Landesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernhard Tilg, TGKK-Obmann Werner Salzburger sowie –Direktor Dr. Arno Melitopulos über die Bedeutung der Ergebnisse für das Gesundheitssystem; moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Mario Zenhäusern, Chefredakteur der Tiroler Tageszeitung.

 

Gesundheitsplus zugunsten Tirols

Im Bundesländervergleich sind Tiroler die gesündesten Österreicher, werden am ältesten und haben die höchste Gesundheitskompetenz (Health Literacy) – beim näheren Blick in die Bezirke zeigen sich jedoch sehr wohl auch andere Ergebnisse. Für die TGKK stellt die Auseinandersetzung mit dem Thema einen wichtigen Faktor für die Weiterentwicklung des Tiroler Gesundheitswesens dar: „Es ist immer unser Anspruch, in unseren Leistungen noch treffsicherer zu werden – mit Chancengleichheit und möglichst uneingeschränktem Zugang“, betont TGKK- Obmann Werner Salzburger und führt fort: „Wir wollen aus unserer Verantwortung für die Gesundheit der Tirolerinnen und Tiroler heraus möglichst genau wissen wo wir ansetzen müssen, um einen allfälligen Vorsprung nicht zu verspielen und herausfinden, wo es klaren Handlungsbedarf für die Zukunft gibt.“
Bereits heute setzt die TGKK neben einem breiten Leistungsspektrum in Vorsorge und Behandlung auf starke regionale Strukturen. Das biete zudem die Möglichkeit, in Zukunft noch intensiver auf regionale Bedürfnisse eingehen zu können: „Hier liegt die Chance für noch mehr Gesundheit in Tirol – noch näher am Menschen und noch gezielter in der regionalen Gewichtung von Informationen und gesundheitlicher Bewusstseinsbildung“, schließt Salzburger.

 

Bedarf & Bedürfnis

„Seit Jahren versucht man im Rahmen der Gesundheitsplanung mit immer verfeinerten Methoden den Bedarf bundesweit, regional oder nach verschiedenen Fachrichtungen zu prognostizieren – alles, um Versorgungsangebote bedarfs-, zeitgerecht und gleichzeitig effizient zu entwickeln“, erklärt Dr. Arno Melitopulos, Direktor der Tiroler Gebietskrankenkasse. Die Grenzen dieser Planungsansätze und der daraus gezogenen Schlussfolgerungen hinsichtlich Versorgungsangebote sind dort zu finden, wo Bedarf auf Bedürfnis trifft: Wenn der Begriff Bedarf Synonym für objektiviertes, strukturiertes, methodisches und damit nachvollziehbares Ermitteln von tatsächlich notwendigen Versorgungsangeboten ist, so steht der Begriff Bedürfnis für ein stark subjektiviertes Empfinden im Hinblick auf Mangel, Ängste oder gar Sehnsüchte – beides habe jedoch seine Existenzberechtigung. Melitopulos fügt hinzu: „Wir müssen lernen, Bedürfnisse zu verstehen und planerisch zu verarbeiten, gleichzeitig ist dem Thema Gesundheitskompetenz der Bevölkerung als größtem Schatz volle Aufmerksamkeit zu widmen“.

 

Gesundheitsstatus in den Bundesländern

Univ.Doz. Mag. Dr. Wolfgang Dür, Dozent am Institut für Soziologie der Universität Wien, stellt die Fakten dar: „Beim Blick in die Bezirksebene zeigt sich vor allem, dass die beiden Bundesländer in sich sehr heterogen sind, wobei die Unterschiede innerhalb eines Bundeslandes wesentlich größer sind als zwischen den Bundesländern.“ Die höchste Lebenserwartung nach Bezirken ist bei Männern zum Beispiel in Wien/Josefstadt (80,8) und in Tirol/Schwaz (80,6), die niedrigste in Wien/Brigittenau (74,9) und Tirol/Reutte (76,78). Bei Frauen findet sich die höchste Lebenserwartung in Tirol/Landeck (85,9) und in Wien/Währing (84,6), die niedrigste in Wien/Leopoldstsadt (81,2) und in Tirol/Reutte (83,2). Interessant erscheint, dass aufgrund der vorhandenen Daten kein Zusammenhang zwischen der Ärztedichte einer Region und dem Gesundheitszustand bzw. dem Gesundheitsverhalten der Bevölkerung erkennbar ist. Das gilt weder für die praktischen Ärzte noch für die Fachärzte.

 

„Aufwertung ländlicher Regionen spürbar“

„Derzeit ist eine deutliche Aufwertung der Bedeutung ländlicher Regionen und ländlichen Lebens feststellbar, das in vielen Feldern eine große Faszination ausübt, bei gleichzeitiger Gefahr, dass das Land faktisch verlassen wird, da es eingeschränkte Lebensmöglichkeiten bietet – die Lebensqualität steht im Fokus“, so Motivforscherin Dr. Helene Karmasin. Gesundheit sei auf vielen Ebenen mit Mobilität verknüpft: Mit Bewegung allgemein, mit mobiler Überwachung von körperlichen Funktionen, wie sie neue Gesundheitsapplikationen bieten, mit dem Aufsuchen von Gesundheitsstandorten oder Experten – aber auch mit dem Wunsch nach einer Mobilität des Gesundheitssystems selbst: Mobile Ärzte, mobile Betreuung, mobile Beratung, Ablösung von gesundheitlichen Leistungen von Zeit und Raum, wie sie durch internetbasierte Dienste ermöglicht wird.

 

Wege in eine gesündere Zukunft

Wo soll Gesundheitspolitik vorrangig ansetzen? Bei der Diskussion Gesundheitliche Chancengleichheit – Tirol vs. Wien wurde der Boden für viele dieser Fragen aufbereitet. Die innovative Expertendiskussion bot viele Aspekte und Absichten. So erklärte Bundesministerin Oberhauser: „Es geht mir bei der Gesundheitspolitik nicht um den erhobenen Zeigefinger und nicht darum, das Verhalten des Einzelnen zu ändern, sondern die Verhältnisse zu verbessern – sprich das unmittelbare Lebensumfeld, wie Wohnen, Arbeit, Schule, Kindergarten. Gesundheitsförderndes Verhalten ist am besten in gesundheitsfördernden Verhältnissen erreichbar.“ Stadträtin Wehsely knüpfte hier an und bestätigte die nötige Festigung der Gesundheitskompetenz: „Wenn wir Verhaltensweisen ändern wollen, müssen wir die Menschen dort ansprechen wo sie leben, spielen oder arbeiten – Gesundheit braucht Chancengleichheit!“ Landesrat Tilg informierte, dass alle Kennzahlen beweisen, dass die TirolerInnen im Österreichvergleich am gesündesten sind: „Der Tiroler Lebensstil ist ein gesunder. Bewegung und bewusste Ernährung sind die Säulen für die guten Gesundheitswerte der Tirolerinnen und Tiroler. Wir wollen uns aber auf dem Erreichten nicht ausruhen. Deshalb werden wir an einer maßgeschneiderten Tiroler Präventionsstrategie arbeiten“, so der Gesundheitslandesrat. Hinsichtlich Versorgungsthemen und damit verbundenen Plänen rund um Primärversorgungszentren forderte Oberhauser mehr Flexibilität in der Gestaltung des Berufsbildes Arzt und setzt dabei in der Ausbildung an: „Mit der Lehrpraxis, die in der neuen Ärzteausbildung für Allgemeinmediziner verpflichtend vorgesehen ist, soll der Beruf wieder attraktiver werden – es ist ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der Gesundheitsversorgung am Land.“
Die Tiroler Gebietskrankenkasse hatte zu diesem hochkarätig besuchten Diskussionsnachmittag nach Alpbach geladen um gemeinsam mit Experten des Faches über ein gesünderes Tirol nachzudenken. Dazu Obmann Werner Salzburger: „Wir wollten damit einen Anstoß für ein gesünderes Tirol geben. Uns ist wichtig, dass wichtige Erkenntnisse gefunden und kommuniziert werden, damit es uns gelingt, unsere Bevölkerung möglichst gesund zu erhalten – ein wichtiger Schritt in diese Richtung: Die Initiativen in der Gesundheitsförderung. Wir sind als TGKK auf dem Weg in Richtung Gesundheitskasse, es wird aber auch zukünftig viel zu tun geben.“

 

www.tgkk.at

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