Dienstag, April 16, 2024

GARFIELD-VTE-Register zur verlängerten Antikoagulationstherapie

Erste Ergebnisse des GARFIELD-VTE-Registers zeigen weltweit eine breite Heterogenität der VTE-Patienten und beleuchten die Behandlung und den Therapieerfolg.

Das GARFIELD-VTE-Register mit einzigartig breiten Einschlusskriterien erfasst verschiedene VTE-Patientenpopulation in zahlreichen verschiedenen klinischen Umgebungen und Länder. Als Prognoseregister mit langfristigem Follow-up wird GARFIELD-VTE bislang einmalige Daten zur verlängerten Antikoagulationstherapie liefern und eine Brücke zwischen Real-World-Beobachtungen und Daten aus randomisierten Schlüsselstudienschlagen. Die Ergebnisse nach sechs Monaten zeigen, dass Tod das häufigste schwere unerwünschte Ereignis war, wobei 54,3 % der Todesfälle krebsassoziiert waren.

Die ersten Ergebnisse des Global Anticoagulant Registry in the Field – Venous Thromboembolism (GARFIELD-VTE) wurden diese Woche beim International Society of Thrombosis and Haemostasis (ISTH) Kongress 2017 in Berlin präsentiert und liefern eine aktuelle Sicht der Behandlung venöser Thromboembolien (VTE) weltweit.

GARFIELD-VTE ist eine prospektive, multizentrische Beobachtungsstudie von Patienten, die wegen akuter VTE behandelt werden müssen. Für das Register wurden zwischen Mai 2014 und Januar 2017 mehr als 10.000 Patienten mit akuter VTE (tiefe Venenthrombose [TVT] und Lungenembolie [LE]) aus 415 Zentren in 28 Ländern rekrutiert. Die Studienstandorte spiegeln die breit gefächerten Versorgungssituationen in den jeweiligen Ländern wider, von Krankenhäusernüber ambulant behandelten und in häuslicher Versorgung behandelten Patienten. Damit ist die Studie ideal, um Daten zu verschiedenen Untergruppen von VTE-Patienten zu liefern, darunter solche mit wiederkehrenden VTE, postthrombotischem Syndrom und chronisch thromboembolischer pulmonaler Hypertonie.

Ziel dieses globalen Registers ist es, ein Follow-up der Patienten von mindestens drei Jahren zu erreichen, die Therapie der Patienten entsprechend der lokalen Versorgungspraxis zu beobachten undklinische sowie ökonomische Ergebnisse und Patientenfeedback zu erfassen. Die ersten Daten aus GARFIELD-VTE bieten neue Erkenntnisse zu dem Krankheitsbild, den Behandlungsmustern und den Behandlungserfolgen von VTE-Patienten, einschließlich der Patienten, die an Krebs leiden.

„Bei Patienten mit TVT und LE kommt es auf schnelles Handeln in der akuten Behandlungsphase an, insbesondere bei schnell tödlicher LE, um Leben und Gesundheit zu bewahren. Als globales Register, das langfristige Daten aus verschiedenen Ländern und Versorgungsumgebungen und zu unterschiedlichen Patienten erfasst, kann GARFIELD-VTE bislang einmalige Erkenntnisse zum Management und zur Optimierung der Patientenversorgung liefern“, sagte Rt Hon Professor Lord Ajay K. Kakkar, Professor im Bereich Chirurgie am University College London und Direktor des Thrombosis Research Institute, UK.

Krankheitsbild und Therapie

In einem Vortrag hat Dr. Walter Ageno, außerordentlicher Professor für Medizin an der Universität Insubria und Direktor der Klinik für Kurzzeitbehandlung und des Thrombosezentrums am Ospedale di Circolo in Varese (Italien), Daten[i] über das Krankheitsbild und die Therapie von 10.677 Patienten vorgestellt, bei denen eine bestätigte Diagnose einer TVT und/oder LE vorlag und die in GARFIELD-VTE aufgenommen worden waren. Operation (12,5 %) und Krankenhauseinweisung (12 %) waren die häufigsten auslösenden Risikofaktoren. Die Analyse zeigte, dass sich die Behandlungsmuster schnell weiterentwickeln. Etwa der Hälfte der Patientenpopulation wurden direkte orale Antikoagulantien (DOAK) verschrieben, zu gleichen Teilen den Patienten mit TVT und LE. Bei LE-Patienten wurde häufiger eine parenterale Initialtherapie mit niedermolekularem Heparin (NMH) eingesetzt.

Krebsassoziierte Thrombose

Am Montag wurden bei einer Posterpräsentation von Professor Jeff Weitz, Professor für Medizin und Biochemie und Biomedizin an der McMaster University (Hamilton, Ontario, Kanada) die Unterschiede der VTE-Behandlungsmuster bei Patienten mit aktiver Krebserkrankung gegenüber solchen mit einer Krebserkrankung in der Krankheitsgeschichte und krebsfreien Patienten aufgezeigt. Der häufigste Ort einer krebsassoziierte Thrombose war bei Männern die Lunge und bei Frauen im gynäkologischen Bereich. Patienten mit aktiver Krebserkrankung (56,1 %) wurden häufiger mit NMH als Initialtherapie behandelt als solche mit einer Krebserkrankung in der Krankheitsgeschichte (15,9 %) oder krebsfreie Patienten (9,2 %)[ii]. Bei nahezu 27 % der Patienten wurden DOAK mit oder ohne NMH verschrieben.

Behandlungsmuster

Gestern referierte Professor Sylvia Haas, emeritierte Professorin für Medizin der Arbeitsgruppe Hämostase- und Thromboseforschung an der TU München, über Behandlungsmuster der Antikoagulationstherapie bei VTE[iii]. Nach ihren Worten ist die Variation der Behandlungsmuster bei der initialen Antikoagulationstherapie während des Einschreibens der Patienten geringer als ursprünglich angenommen, da zu Beginn von GARFIELD-VTE das DOAK-Verschreibungsverhalten bereits Fahrt aufgenommen hatte. Professor Haas führte aus, dass die beobachteten Variationen nicht nur von der Patientenpopulation und dem VTE-Ort abhängen, sondern auch von der geografischen Region — ein mögliches Zeichen für die Bedeutung kultureller Unterschiede sowie der Registrierung und Kostenübernahme von DOAKs. Es war ein klarer Trend weg von herkömmlicher parenteraler plus VKA-Therapie in den ersten 30 Tagen hin zu DOAKs in den folgenden 5 Monaten erkennbar, was die Frage aufwirft, ob DOAKs der neue Versorgungsstandard bei chronischer Antikoagulation geworden sind.

Ergebnisse nach sechs Monaten

Professor Alexander GG Turpie, emeritierter Professor an der McMaster University (Hamilton, Ontario, Kanada), präsentierte die Outcome-Daten des Registers der ersten sechs Monate [iv] und berichtete, dass die Raten für Gesamtmortalität, erstes Auftreten einer schweren Blutung und VTE-Rückfälle folgendermaßen ausgefallen waren: 9,7 (8,8 bis 10,6), 2,2 (1,9 bis 2,7) und 3,6 (3,1 bis 4,2) pro 100 Personenjahren. Insgesamt waren 106 von 622 (17,0 %) Blutungen schwerer Natur, die in 90 (14,5 %) Fällen eine Transfusion erforderlich machten. Bei 15 von 622 (2,4 %) Patienten mit einem Blutungsereignis kam es zu einer Blutung mit Todesfolge. Im Zeitraum von 6 Monaten wurden einhundertfünfundneunzig neue Fälle einer Krebserkrankung beobachtet, was einer Rate von 4,1 pro 100 Personenjahren entspricht. Tod war das häufigste schwere unerwünschte Ergebnis bei VTE-Patienten, wobei die Hälfte krebsassoziiert war.

Die nächste GARFIELD-VTE-Datensatz wird beim Kongress der American Society of Hematology (ASH) präsentiert, der vom 9. bis 12. Dezember 2017 in Atlanta (USA) stattfindet.

Informationen zum GARFIELD-VTE-Register

GARFIELD-VTE ist ein Prognoseregister, das die akute und langfristige Behandlung und den Behandlungserfolg bei 10.878 erwachsenen Patienten mit Venenthromboembolie (VTE) darstellt und die Versorgungspraxis widerspiegelt.

Es ist eine internationale, multizentrische Beobachtungsstudie von Patienten mit neu diagnostizierter VTE. Für die Studie wurden zwischen Mai 2014 und Januar 2017 Patienten aus 415 Zentren in 28 Ländern weltweit rekrutiert, darunter Nord- und Südamerika, Europa, Afrika und der Asien-Pazifik-Raum. Im Vergleich zu anderen laufenden Prognoseregistern zu VTE hat das globale GARFIELD-VTE das Potenzial, die Krankheitsbelastung in großen Populationen zu erfassen. Dazu werden breite Einschlusskriterien in einer hoch repräsentativen VTE-Patientenpopulation (quer durch verschiedene klinische Umgebungen) angewandt. Außerdem können langfristige Follow-up-Daten sowohl in der Praxis- als auch in der Krankenhausumgebung erfasst werden.

Das heutige Verständnis von VTE basiert auf den bei kontrollierten klinischen Studien gesammelten Daten. Diese Studien sind wesentlich für die Bewertung der Wirksamkeit und Sicherheit neuer Behandlungsmethoden, sind aber in Bezug auf die klinische Praxis nicht repräsentativ. Folglich herrscht weiterhin Unsicherheit hinsichtlich der Belastung im wirklichen Leben und der Therapie dieser Krankheit.

ARFIELD-VTE zielt darauf ab, Einblicke in die Wirkung der Antikoagulationstherapie hinsichtlich thromboembolischer Komplikationen und Blutungskomplikationen zu liefern, die bei dieser Patientenpopulation beobachtet wurden. Es wird für ein besseres Verständnis potenzieller Verbesserungsmöglichkeiten der Versorgung und klinischer Outcomes bei einer repräsentativen und gemischten Patientengruppe und über unterschiedliche Populationen hinweg sorgen. Dies sollte Ärzten und Gesundheitssystemen helfen, Innovationen angemessen zu nutzen, um die besten Ergebnisse für Patienten und Populationen sicherzustellen.

Derzeitige Behandlungsregime in der Versorgungspraxis scheinen kürzer zu sein als die empfohlenen Leitlinien[1]. GARFIELD-VTE ist eine wichtige Initiative, um Forschung und klinische Praxis miteinander zu verbinden und das Bewusstsein hinsichtlich der Bedeutung und Behandlung von tiefen Venenthrombosen (TVT) und Lungenembolien (LE) zu erhöhen.

In dem Register soll Folgendes dargestellt werden:

akute, subakute und verlängerte Behandlungsdauer mit Antikoagulantien;
klinische und ökonomische Real-World-Ergebnisse bei Patienten mit behandelter akuter VTE.
Vier wesentliche Design-Merkmale des GARFIELD-VTE-Protokolls garantieren eine umfassende und repräsentative Beschreibung der VTE, nämlich:

Zwei aufeinanderfolgende Kohorten von prospektiven, neu diagnostizierten Patienten, was die Vergleiche getrennter Zeiträume ermöglicht und die Entwicklung von Therapien sowie Ergebnissen beschreibt;
Auswahl von Studienstandorten, die repräsentativ für nationale VTE-Versorgungsumgebungen sind;
Aufnahme von teilnahmeberechtigten Patienten ohne Unterbrechung unabhängig von der Therapie, um potentielle Selektionsverzerrungen zu verhindern;
Erfassung von Follow-up-Daten für einen Zeitraum von mindestens 36 Monaten nach der Diagnose, um eine umfassende Datenbank mit Behandlungsentscheidungen und -ergebnissen in der klinischen Praxis zu erstellen.
Patienten werden unabhängig davon, ob sie eine Antikoagulationstherapie erhalten oder nicht, in die Studie aufgenommen. Dies ermöglicht es, aktuelle und zukünftige Behandlungsstrategien unter Berücksichtigung des individuellen Risikoprofils des Patienten richtig einschätzen zu können.

Das GARFIELD-VTE-Register wird durch einen unbegrenzten Forschungsfonds der Bayer Pharma AG (Berlin, Deutschland) unterstützt.

Weitere Informationen finden Sie unter: http://www.garfieldregistry.org.


Die Belastung durch VTE

VTE tritt auf, wenn ein Fragment eines Blutgerinnsels, das sich in einer tiefen Vene gebildet hat (beispielsweise bei einer tiefen Venenthrombose oder TVT im Bein), über das Herz in die Lunge transportiert wird, was die Sauerstoffaufnahme blockiert. Dies wird als Lungenembolie (LE) bezeichnet, ein Ereignis, dass schnell zum Tod führen kann.

VTE ist nach akutem Koronarsyndrom und Schlaganfall die dritthäufigste Erkrankung des Herz-Kreislauf-Systems und jedes Jahr verantwortlich für 600.000 bis 700.000 Todesfälle in Europa und den USA. Umgerechnet stirbt dadurch in der westlichen Welt alle 37 Sekunden ein Mensch an den Folgen einer VTE. Bei fast 90 % der Todesfälle bleibt die Embolie unentdeckt oder kann nicht behandelt werden. VTE-Rückfälle sind wahrscheinlich. Aus diesem Grund ist die VTE-Prävention eine wesentliche Aufgabe jedes Gesundheitssystems[v].

Ungefähr 20 % aller VTE-Fälle treten bei Krebspatienten auf. Bei bis zu 50 % aller obduzierten Krebspatienten wird VTE festgestellt[vi]. In Großbritannien wird der Kostenaufwand für die Behandlung und das Management von VTE auf 640 Mio. £ pro Jahr geschätzt[i]. GARFIELD-VTE wird wie das Schwesterregister GARFIELD-AF in den kommenden Jahren einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der klinischen Praxis leisten.


Informationen zum TRI

Ziel des Thrombosis Research Institute (TRI) ist es, neue Lösungen für Patienten zur Erkennung, Prävention und Behandlung von Blutgerinnseln zu entwickeln. TRI möchte die Forschung von Real-World-Untersuchungen voranbringen, damit der Wert von Praxisdaten erkannt werden kann und zu einem wesentlichen Glied der Evidenzkette wird. Sein wegweisendes Forschungsprogramm, das multidisziplinär und global ausgerichtet ist, liefert kontinuierlich bahnbrechende Lösungen für Thrombosepatienten.

Weitere Informationen finden Sie unter http://www.tri-london.ac.uk/.


i. Ageno W, McCallum P, Haas S, et al. Clinical characteristics and management of 10,329 patients with a confirmed diagnosis of venous thromboembolism: the GARFIELD-VTE registry. (Krankheitsbild und Behandlung von 10.329 Patienten mit bestätigter Diagnose einer Venenthromboembolie: das GARFIELD-VTE-Register.) Mündlicher Vortrag beim ISTH Kongress 2017.

ii. Weitz JI, Turpie AGG, Haas S, et al. Clinical characteristics and treatment of patients with cancer-associated venous thromboembolism: Results from the GARFIELD-VTE registry. (Krankheitsbild und Behandlung von Patienten mit krebsassoziierter Venenthromboembolie: Ergebnisse aus dem GARFIELD-VTE-Register.) Posterpräsentation beim ISTH Kongress 2017.

iii. Haas S, Turpie AGG, Weitz JI, et al. Anticoagulation treatment patterns of venous thromboembolism in GARFIELD-VTE patients (Behandlungsmuster der Antikoagulantientherapie bei Venenthromboembolie in GARFIELD-VTE-Patienten) Posterpräsentation beim ISTH Kongress 2017.

iv. Turpie AGG, Haas S, Weitz JI, et al. 6-months outcomes of patients: Results from GARFIELD-VTE. (Behandlungserfolg nach 6 Monaten: Ergebnisse aus GARFIELD-VTE.) Posterpräsentation beim ISTH Kongress 2017.

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