Donnerstag, März 28, 2024

Exzessive Internetnutzung bringt Frust statt Lebenslust

Exzessive Internetnutzung – z.B. in sozialen Foren oder beim Online-Zocken – birgt einerseits Suchtgefahr und beeinträchtigt andererseits die Lebenszufriedenheit, so eine Ulmer Studie.

Immer mehr Menschen verbringen exzessiv viel Zeit im Internet. Die einen zieht es in die sozialen Foren, die anderen zocken online beim Computerspiel. Doch mit der Dauer der Internetnutzung wächst nicht allein die Suchtgefahr. Wissenschaftler der Universität Ulm konnten in einer Studie mit über 4850 Teilnehmern bestätigen, dass bei problematischer Internetnutzung auch die Lebenszufriedenheit leidet. Dabei stießen sie auch auf einen ungewöhnlichen geschlechtsspezifischen Effekt: Problematische Internetnutzung (PIU) wirkt sich bei den weiblichen Nutzern viel stärker auf die Lebenszufriedenheit aus als bei den männlichen.

Immer mehr Menschen verbringen exzessiv viel Zeit im Internet. Die einen zieht es in die sozialen Foren, die anderen zocken online beim Computerspiel. Doch mit der Dauer der Internetnutzung wächst nicht allein die Suchtgefahr. Wissenschaftler der Universität Ulm konnten in einer Studie mit über 4850 Teilnehmern bestätigen, dass bei problematischer Internetnutzung auch die Lebenszufriedenheit leidet. Dabei stießen sie auf einen ungewöhnlichen geschlechtsspezifischen Effekt: „Gleichwohl die durchschnittliche private Internetnutzungsdauer bei den Teilnehmerinnen der Studie viel geringer war, wirkt sich bei den Mädchen und Frauen eine problematische Internetnutzung viel stärker auf die Lebenszufriedenheit aus als bei den Männern“, so Bernd Lachmann, Doktorand in der Abteilung Molekulare Psychologie der Universität Ulm. Als problematisch eingeschätzt wird von den Wissenschaftlern die Internetnutzung von 28 Prozent der männlichen Studienteilnehmer und von gut 24 Prozent der weiblichen. Der jeweilige überwiegende Restanteil blieb dabei im unauffälligen Bereich.

Bernd Lachmann © Elvira Eberhardt / Uni Ulm
Bernd Lachmann © Elvira Eberhardt / Uni Ulm

„Möglicherweise haben Männer hier eine höhere Reizschwelle oder bessere Strategien zur Bewältigung des Online-Rauschs“, vermutet Professor Christian Montag. Der Heisenberg-Professor und Leiter der Abteilung Molekulare Psychologie hat die in der Fachzeitschrift ‚Psychiatry Research‘ veröffentlichte Studie federführend koordiniert. Gründe könnten aber auch die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Internetnutzung sein. „Während Männer häufiger als Gamer in Online-Spielen unterwegs sind, fühlen sich Frauen mehr von sozialen Netzwerken angezogen“, erläutert Lachmann. Und Letzteres bereitet offensichtlich mehr Verdruss, wobei – wie ältere Studien bereits zeigten – negative Gefühle wie Neid eine Rolle spielen können.

Für die Studie waren von März bis September 2014 insgesamt 4852 Besucher (2343 davon weiblich) auf der ‚MS Wissenschaft‘ mit Hilfe von Tablet-Computern befragt worden. Das Ausstellungsschiff des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) war zu dieser Zeit unter dem Motto „Digitale Gesellschaft“ auf den Wasserstraßen in Deutschland und Österreich unterwegs. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie waren im Durchschnitt 29 Jahre alt. Ein Großteil der Probanden waren Schüler (46 %), doch auch Berufstätige und Senioren fanden sich darunter.

Erfasst wurden über einen anonymisierten digitalen Fragebogen neben den demografischen Daten wie Alter, Beruf, Ausbildung und Geschlecht Angaben zur allgemeinen Lebenszufriedenheit und zur spezifischen Zufriedenheit für die Bereiche Freizeit, Gesundheit, Wohnen, Beruf und Einkommen. Ausmaß und Gefährdungspotential der Internetnutzung haben die Psychologen über die wöchentliche Nutzungsdauer (privat und beruflich) und mit Hilfe eines bestimmten Internet-Abhängigkeitstests (short Internet Addiction Test – s-IAT) ‚gemessen‘. Erfragt werden dabei suchttypische Verhaltensauffälligkeiten wie sozialer Rückzug, Vernachlässigung von Alltagspflichten, Verlust der Impulskontrolle, Heimlichtuerei im Hinblick auf die Internetnutzung, Schlafmangel sowie Entzugserscheinungen wie Depression und nervöse Unruhe, die darüber Aufschluss geben, wie graduell ausgeprägt die Online-Abhängigkeit ist.

Anhand zahlreicher multifaktorieller Analysen und ausgefeilter statistischer Tests konnten die Forscher zeigen, dass es nicht nur einen statistisch signifikanten negativen Zusammenhang gibt zwischen problematischer Internetnutzung und unterschiedlichen Aspekten der Lebenszufriedenheit. Die Psychologen konnten in der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützten Studie zudem nachweisen, dass die Beeinträchtigung der Lebenszufriedenheit durch exzessive Internetnutzung bei den Mädchen und Frauen stärker ausfällt als bei den männlichen Probanden – und zwar vor allem im Hinblick auf Gesundheit und Freizeit.

Wie groß die Unsicherheit der Studienteilnehmer über das eigene Online-Verhalten war, konnten die Wissenschaftler indirekt aus der Bereitschaft zur Teilnahme an dieser anonymen Studie schließen. Als Anreiz gab es weder Geld noch Geschenke, sondern persönliches Feedback – auf der Grundlage der gemachten Angaben – zum eigenen Nutzerverhalten. Den meisten Probanden konnten die Forscher glücklicherweise Entwarnung geben.


Weitere Informationen:

http://dx.doi.org/10.1016/j.psychres.2016.02.017

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