Montag, März 18, 2024

Toxoplasmose: Screening auf Toxoplasmen in der Schwangerschaft

Zum Erkennen von Toxoplasmen in der Schwangerschaft ist ein Toxoplasmose-Screening sehr wichtig, um effizient und rasch behandeln zu können.

Um das Jahr 1900 hat der Mediziner Charles Louis Alphonse Laveran im Rahmen seiner Forschungen auch jene Erregergruppe entdeckt, zu der auch die Toxoplasmen gehören, die vor allem in der Schwangerschaft eine gefährliche Toxoplasmose verursachen können. Weltberühmt wurde der französische Militähygieniker, Parasitologe und Infektiologe durch den 1907 erhaltenen Nobelpreis für Medizin. Und zwar für seine bahnbrechenden Forschungsergebnisse über Malaria und die Erreger der Afrikanischen Schlafkrankheit. Doch erst Mitte des 20. Jahrhunderts entdeckten Forscher, dass eine Infektion mit Toxoplasmen während der Schwangerschaft auch für das ungeborene Baby eine große Gefahr ist. Denn die als Toxoplasma gondii benannten Erreger können bei Frisch­infektionen von Schwangeren über die Plazenta auch auf das sich entwickelnde Kind übertragen werden. Im Grunde genommen macht ein Screening auf Toxoplasmen während der Schwangerschaft jedenfalls sehr viel Sinn, um eine Toxoplasmose frühzeitig erkennen und behandeln zu können.

 

Was bedeutet eine ­Erstinfektion mit Toxoplasmen während der Schwangerschaft?

Viele Menschen kommen im Laufe des Lebens mit Toxoplasmen in Berührung. Aber nicht jeder durchschnittlich gesunde mit Toxoplasmen infizierte Erwachsene erkrankt daran mit äußerlich sichtbaren Erscheinungen. In den allermeisten Fällen merkt der Betroffene nichts davon.

Ganz anders sieht das vor allem für eine Erstinfektion mit Toxoplasmen (Toxoplasmose) während der Schwangerschaft für das sich entwickelnde Kind aus. Obwohl die Infektion zudem auch bei gesunden nicht schwangeren Frauen selbstlimitierend und weitgehend asymptomatisch ist, ist das Risiko für den Fötus durch vertikale Übertragung in der Schwangerschaft das Hauptanliegen. Wenn die Schwangere bereits eine Infektion mit Toxoplasmen ­vor der aktuellen Schwangerschaft mitgemacht hat – auch wenn sie davon nichts weiß –, dann entwickelten sich in ihrem Blut nachweisbare Abwehrstoffe, die nun das Kind vor jedem Schaden schützen.

Hat die Schwangere aber noch keine Abwehrstoffe entwickelt und infiziert sie sich erstmalig mit Toxoplasmen während der Schwangerschaft, dann kann die Infektion auf das sich entwickelnde Kind übergehen.

Mit einiger Wahrscheinlichkeit kommt es zu lebensbelastenden bis lebensbedrohenden gesundheitlichen Schäden wie Störungen der Hirnentwicklung, neurologischen Schäden und sogar zu schwerer Morbidität wie Blindheit, einem Wasserkopf, Entzündungsherden in den Augen, Hörstörungen, späteren Verkalkungsherden im Gehirn sowie sogar zur Totgeburt.

Manche gesundheitlichen Schäden sind nicht gleich nach der Geburt sichtbar, sondern zeigen sich erst nach Jahren – beispielsweise Sehfehler und Zurückgebliebenheit im Zusammenhang mit der ­geistigen Leistung.

Angeborene Toxoplasmose kann zu dauerhaften neurologischen Schäden und sogar zu schwerer Morbidität wie Blindheit führen. In Abhängigkeit von der Prävalenz und Virulenz des Parasiten in den jeweiligen Regionen werden in verschiedenen Ländern Screening-Programme durchgeführt. Nach Diagnose einer Infektion sollte eine geeignete Antibiotikatherapie eingeleitet werden, da nachgewiesen wurde, dass sie das Risiko einer Übertragung des Fötus verringert. Die Primärprävention bleibt die Schlüsselintervention zur Vermeidung der Infektion, und daher ist die Aufklärung der Patienten ein wichtiger Aspekt des Managements.

 

Screening macht Sinn: Toxoplasmose während der Schwangerschaft frühzeitig erkennen

Im Rahmen der Untersuchungen für den Mutterpass in Deutschland und für den Mutter-Kind-Pass in Österreich wurde seit den 1970-er Jahren auch die serologische Untersuchung auf Toxoplasmose vorgeschrieben.

Denn die wichtigste Voraussetzung zum Schutz vor einer Infektion mit Toxoplasmen während der Schwangerschaft ist ohne Zweifel ein Toxoplasmose-Screening. Damit eine Schwangere schnellstens bezüglich einer möglichen Toxoplasmose-Gefahr Bescheid weiss.

Unter dem Strich ist es eine Tatsache, dass eine erkannte Erstinfektion mit Toxoplasmen während der Schwangerschaft vergleichsweise einfach zu behandeln ist. Und damit kann man auch dann die mögliche Gesundheitsgefahr für das Kind durchaus verhindern.

Die Zahl jener Schwangeren, die bei der serologischen Erstuntersuchung auf Toxoplasmose negativ reagierten, ist seit 1975 kontinuierlich angestiegen. Waren es zu Beginn 1975 rund 1/3 der Untersuchten, so ist dieser Anteil in den letzten Jahren auf über 50% gestiegen, da die Teilnahme am Toxoplasmose-Screening rückgängig ist.

Im Zusammenhang damit ist zu sehen, dass im Laufe der Jahre durch das Screening ­kontinuierlich auch die Zahl der Erstinfektionen mit Toxoplasmen während der Schwangerschaft von zunächst knapp unter oder über 3 Promille auf um oder über 7 Promille angestiegen ist.

 

Vorbeugung vor Toxoplasmose während der Schwangerschaft

Die Vorbeugung zur Vermeidung der Infektion hat im Grunde genommen den höchsten Stellenwert. Daher ist die Aufklärung der Patienten ein wichtiger Aspekt des Managements. Von ganz besonderer Bedeutung zur Vorbeugung sind natürlich auch die Fragen:

  • Wie kommt es zu einer Infektion mit Toxoplasmen während der Schwangerschaft?
  • Was kann getan werden, um eine Infektion zu vermeiden?

"<yoastmarkFest steht, dass infizierte Tiere aus der Gruppe der Katzen – also auch Hauskatzen – bestimmte Formen der Erreger mit dem Stuhl ausscheiden, die erst nach einer ­Weiterentwicklung – der so genannten Sporulation – nach 1 bis 5 Tagen in­fektiös werden. Katzen infizieren sich ihrerseits mit den so genannten ­Cystenformen der Erreger, die sich im Fleisch z.B. von Beutetieren oder im rohen oder ungenügend erhitzten ­Futterfleisch befinden.

Der frische Kot der Katzen ist also nicht sofort nach der Ausscheidung infektiös – wohl aber kann der nicht laufend entsorgte Stuhl eines frisch infizierten Haustieres, wenn er 1 bis 5 Tage herumliegt, jemanden infizieren, der damit direkt in Berührung kommt – beispielsweise durch Erreger, die über die Hände in den Mund gelangen.

Wenn man das weiß, dann kann man durch die ohnedies für jeden Tierfreund selbstverständliche Sauberkeit bei der Haltung der Tiere eine Infektion sicherlich vermeiden.

Vorbeugend wichtig ist daher gerade die tägliche Reinigung der üblichen Kot-Ablagestellen. Wenn man die eben geschilderten ­Situationen hinsichtlich einer Übertragbarkeit der Toxoplasmen durch Katzen bedenkt, dann ist es sicherlich verwunderlich, dass zwar diese Tiere im menschlichen Umfeld zu den wichtigen Verursachern in der Verbreitung gehören, dass aber die Gefahren aus dem Kontakt mit diesen beliebten Haus­tieren gar nicht so vordergründig für den Menschen an die erste Stelle gesetzt werden müssen – vorausgesetzt, dass man die Zusammenhänge kennt und sich danach richtet.

 

Boden- oder Futterverunreinigen durch Katzenkot

Viel wichtiger im praktischen Geschehen des Alltags sind wahrscheinlich ganz andere Infektionswege. Und zwar solche, bei denen Verunreinigungen des Bodens oder des Futters durch Katzenkot ursächliche Bedeutung haben.

Dabei hatten die Ausscheidungen infizierter Katzen ausgiebig Zeit, um sich beispielsweise im Boden oder auch im ­gespeicherten Tierfutter fast unerkennbar zu verteilen und zu vermengen – und auf diese Weise Boden und Futter mit sehr widerstandsfähigen Erregerformen »infektiös« zu machen. Diese Erregerformen aus dem Kot halten sich dann über einen enorm langen Zeitraum »infektionstüchtig«.

Seit vielen Jahre dokumentiert und sammelt man die Angaben über das allgemeine Risikoverhalten von Schwangeren mit Toxoplasmen-Infektion. Doch nur recht selten finden sich Hinweise auf ­direkten Umgang mit Katzen.

Der Fokus der Fragen liegt heute auf andere Lebensgewohnheiten. Wobei man feststellen konnte, dass die Infektionen meist durch unbehandelten Lebensmittel entstehen. Daher müssen folgende Verhaltensweisen im Sinne der Vorbeugung von Infektionen mit Toxoplasmen während der Schwangerschaft beachtet werden:

– Frischwaren wie Obst und Gemüse müssen vor dem rohen Genuss gründlich gewaschen werden.

– Nahrungsmittel wie etwa frische Milch verlieren nicht ihren gesundheitlichen Wert, wenn man sie erhitzt – was durchaus günstig ist.

Besondere Gefahr stellt der Genuss von rohem beziehungsweise nicht ausreichend gegartem Fleisch dar – dies sollte in der Schwangerschaft vermieden werden.

 

Infektionswege

Wie Studien und Metaanalysen ergaben, steht an der Spitze der mög­lichen Infektionswege des Menschen bei der Infektion mit Toxoplasmen in der Schwangerschaft das Konsumieren von roh genossenen oder ungenügend erhitzten Fleischspeisen. An zweiter Stelle stehen Zusammenhänge mit Bodenverunreinigungen.

Die dritte Stelle belegen die Infektionsgefahren bei Reisen in Länder mit ungenügender Nahrungsmittelhygiene. Immerhin annähernd 5% der Infektion mit Toxoplasmen werden mit dem Genuss von unpasteurisierter Milch oder Milchprodukten in Zusammenhang gebracht.

Zwischen Infektion und Anwesenheit von Katzen konnte man zwischen der ­Infektionsgruppe und der nicht infizierten Kontrollgruppe keinen sicheren Zusammenhang finden.

Nimmt man die an erster Stelle stehende Gefahr einer Infektion durch rohes und ungenügend erhitztes Fleisch unter die Lupe, dann sind diesbezügliche deutsche Untersuchungen sehr interessant. Die Forschungen zeigen, dass in Deutschland der Grad der Durchseuchung von Schweinen mit Toxoplasmen in den letzten Jahren deutlich abgesunken ist. Und zwar auf unter 1% bei Mastschweinen – jenen Tieren, die mit speziellem, vorbereitetem Mastfutter bis zur Schlachtung ernährt werden. Weiter auf 8 bis 18% bei Säuen. Das sind jene Zuchtschweine mit ihren Würfen, die sich ohne eine bestimmte Mastfütterung beispielsweise auch im Freien aufhalten.

Für den menschlichen Genuss sind hauptsächlich die Angaben für »Mastschweine« maßgebend. Schafe sind mit 33% als seropositiv gegen Toxoplasmen anzunehmen, Ziegen mit 42% – und Katzen mit 36 bis 66%.

 

Infektion mit Toxoplasmen während der Schwangerschaft rasch und effizient behandeln

Die Therapie einer Infektion mit Toxoplasmen während der Schwangerschaft darf den Ablauf der Schwangerschaft und die Entwicklung des Kindes nicht gefährden. Bei rechtzeitigem Therapiebeginn sind auch bei längeren Nachbeobachtungen des Kindes keine klinischen Erkrankungsfolgen feststellbar.

Eine nachgewiesene Infektion mit Toxoplasmen während der Schwangerschaft sollte man somit rasch behandeln. Nach Diagnose einer Infektion sollte der Arzt deswegen eine geeignete Therapie mit Antibiotika einleiten. Denn zahlreiche Studien konnten nachweisen, dass das das Risiko einer Übertragung des Fötus verringert. Je früher man die Behandlung beginnt, umso geringer ist jedenfalls die Schädigung des Kindes. Im Grunde genommen kann man die Schäden durch eine angemessene Therapie bis zu 60% senken.

Bis zur 16. Schwangerschaftswoche kommt heute noch das Makrolid-Antibiotikum Spiramycin zum Einsatz. Übrigens gibt es sonst keine weitere Indikation für Spiramycin mehr. Ab der 16. Schwangerschaftswoche setzt man dann bis zur Entbindung des Kindes eine Kombinationstherapie aus Sulfadiazin, Pyrimethamin und Folinsäure ein. Dies geschieht in Therapie-Zyklen von jeweils vier Wochen Dauer mit darauf folgendem vierwöchigen freien Intervall.

 

Höhere Selbstmordraten durch Toxoplasmen während der Schwangerschaft

In einer 2012 veröffentlichten dänischen Studie untersuchten die Forscher Infektionen mit Toxoplasmen während der Schwangerschaft im Zusammenhang mit der Häufigkeit von Suizidversuchen der infizierten Mütter.

Dazu haben die Wissenschaftler die Daten von mehr als 45.000 Däninnen ausgewertet. Es zeigte sich ein klares Ergebnis. Denn die mit Toxoplasmen während der Schwangerschaft angesteckten Frauen hatten eine um 50 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, einen Suizidversuch zu unternehmen. Im Vergleich zu als nichtinfizierte Schwangere.

Mittlerweile gibt es verschiedene weitere Untersuchungen zu Infektionen mit Toxoplasmen und geistiger Gesundheit beziehungsweise diverser psychischer Erkrankungsbilder wie Schizophrenie.

 

Fazit

Die größte Rolle bei Erstinfektionen mit Toxoplasmen während der Schwangerschaft beziehungsweise einer Infektion mit Toxoplasma gondii wird dem Vorkommen infektiöser Erregerformen in der Umwelt zugeschrieben. Das gilt jedenfalls für Nord­amerika und wahrscheinlich Europa.

Schließlich wird auch hier wieder die Rolle eines mit Toxoplasma-Dauerformen verschmutzten Bodens und damit in Zusammenhang die möglichen Verschmutzungen von Nahrungsmitteln als Infektionsgefährdungspotenzial für den Menschen in vorderste Reihe gestellt.

Im Grunde genommen ist in der Schwangerschaft das frühe Toxoplasmose-Screening mittels Bluttest empfehlenswert. Denn die anschließende Antibiotika-Therapie ist nach positivem Befund nahezu problemlos. Außerdem schützt diese Behandlung vor allem das ungeborene Kind vor Folgeschäden.


Literatur:

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Fuller Torrey E, Simmons W, Yolken RH. Is childhood cat ownership a risk factor for schizophrenia later in life?. Schizophr Res. 2015;165(1):1–2. doi:10.1016/j.schres.2015.03.036

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https://doi.org/10.1016/j.bbi.2014.08.001

Pedersen MG, Mortensen PB, Norgaard-Pedersen B, Postolache TT. Toxoplasma gondii Infection and Self-directed Violence in Mothers. Arch Gen Psychiatry. 2012;69(11):1123–1130. doi:10.1001/archgenpsychiatry.2012.668

Montoya JG, Liesenfeld O. Toxoplasmosis. Lancet. 2004 Jun 12;363(9425):1965-76. doi: 10.1016/S0140-6736(04)16412-X. PMID: 15194258.


Quellen:

Toxoplasmen während der Schwangerschaft. Medmix 4/2008

http://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/toxoplasmosis/basics/definition/con-20025859

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