Donnerstag, März 28, 2024

Erhöhtes Risiko für Gefäßkrankheiten bei Migräne

Migränepatienten besitzen ein erhöhtes Risiko für Gefäßkrankheiten, sie erleiden etwas häufiger Herzinfarkte, Schlaganfälle und venöse Thrombosen.

Etwa jede fünfte Frau von Migräne betroffen, bei Männern sind es etwa acht Prozent. Damit zählt die Kopfschmerzerkrankung zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen. Wobei man den Einfluss von Migräne auf das Herz-Kreislauf-Risiko wie Herzinfarkt, Schlaganfall und venöse Thrombosen nach wie vor unterschätzt. Vor allem weibliche Migränepatienten, die an häufigen Migräneattacken mit Aura leiden, sollten nach vaskulären Risikofaktoren wie Rauchen, oraler Kontrazeption, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und Diabetes befragt und konsequent behandelt werden.

Heftige, häufig einseitige Kopfschmerzen, die mit Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen einhergehen, zählen zu den typischen Merkmalen der Kopfschmerzerkrankung. Die klinische Wissenschaft diskutiert in jüngerer Zeit, ob Menschen mit Migräne auch häufiger von Gefäßkrankheiten beziehungsweise zerebro- und kardiovaskulären Ereignissen betroffen sind. Hinweise dazu bieten zwei aktuelle Studien.

 

Bei Migränepatienten an ein erhöhtes Risiko für Gefäßkrankheiten denken

Migränepatienten besitzen ein erhöhtes Risiko für Gefäßkrankheiten. „Zwei große aktuelle Studien aus den USA und aus Dänemark zeigen, dass Migränepatienten etwas häufiger Herzinfarkte, Schlaganfälle und venöse Thrombosen erleiden.“ Das erklärt Privatdozent Dr. med. Charly Gaul, Generalsekretär der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG). „Zwar ist die Sterblichkeit von Menschen mit Migräne insgesamt nicht höher als in der Allgemeinbevölkerung. Ärzte, die Migränepatienten behandeln, sollten sich des Risikos aber bewusst sein“, betont Prof. Dr. Hans-Christoph Diener von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). Vor allem Frauen mit häufiger Migräne mit Aura auf Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu untersuchen und diese dann proaktiv zu behandeln.

 

Vergleichsstudien mit 450.000 Patienten

„Die größte bisher publizierte Metaanalyse zum Zusammenhang zwischen zerebro- und kardiovaskulären Erkrankungen mit Migräne stützt sich auf die Daten von 16 Studien“, erläutert DMKG-Generalsekretär Gaul. Eingeschlossen wurden annähernd 400.000 Migränepatienten und ca. 750.000 nicht Betroffene als Kontrolle. Wenn man alle vaskulären Ereignisse zusammennimmt, dann war das Risiko der Migränepatienten um 42 Prozent erhöht. Zudem war es für den Schlaganfall um 41 Prozent und für Herzinfarkte um 23 Prozent höher.

Dabei war das Risiko unter den verschiedenen Formen der Migräne ungleich verteilt: Jenes Drittel der Patienten, die bei ihren Anfällen eine Aura erleben – das sind Sehstörungen wie flimmernde Blitze oder Gesichtsfeldausfälle –, hatte ein um 56 Prozent höheres Risiko für Schlaganfälle. Und während die Sterblichkeit an Krankheiten aller Art in der gesamten Gruppe nicht höher war als bei den Kontrollen, galt dies nicht für die Migräne mit Aura.

Die Gesamtsterblichkeit dieser Patienten war um 20 Prozent erhöht. Zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommt dazu eine Studie aus Dänemark. Dort verglich man die Daten von mehr als 50.000 Patienten im Land über einen Zeitraum von bis zu 19 Jahren mit denen von 500.000 Kontrollen.

„Von dem erhöhten Risiko sollten Patienten sich nicht verängstigen lassen, denn die absolute Zahl der Ereignisse ist relativ gering“, so resümiert schließlich Diener, der zusammen mit Gaul und dessen Kollegen Peter Kropp auch die aktuelle Migräne-Leitlinie koordiniert hat. Eine Gruppe von Patienten erfordere jedoch besondere Aufmerksamkeit, wie sich aus den Studiendaten ergibt: „Frauen mit häufigen Migräneattacken mit Aura sollten nach ihren vaskulären Risikofaktoren befragt und diese dann konsequent behandelt werden. Von besonderer Bedeutung sind hier das Rauchen und die orale hormonelle Kontrazeption.“ Die Frage, ob durch eine wirksame Behandlung der Migräne auch das Risiko für Gefäßkrankheiten gesenkt werden kann, bleibt allerdings unbeantwortet.


Literatur:

Mahmoud AN et al.: Migraine and the risk of cardiovascular and cerebrovascular events: a meta-analysis of 16 cohort studies including 1 152 407 subjects. BMJ Open. 2018 Mar 27;8(3):e020498. doi: 10.1136/bmjopen-2017-020498.

Adelborg K et al.: Migraine and risk of cardiovascular diseases: Danish population based matched cohort study. BMJ. 2018 Jan 31;360:k96. doi: 10.1136/bmj.k96.


Quellen:

Gemeinsame Presseinformation der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG)

Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG), 26. April 2018. Online.

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