Donnerstag, März 28, 2024

Epilepsie-Chirurgie

Es lässt sich schwer vorhersehen, ob die Epilepsie-Chirurgie – mit Entfernung des Anfallsherdes – bei tatsächlich zu einer Besserung führt.

Bei etwa jedem dritten Epilepsiepatienten wirken Medikamente nicht. Die Epilepsie-Chirurgie mit Entfernung des Anfallsherdes ist dann eine mögliche Behandlungsmöglichkeit, wobei die Prognose schwierig ist, ob die Epilepsie-Chirurgie tatsächlich zu einer Besserung führt. Ein internationales Forscherteam hat unlängst mit Hilfe der Diffusions Tensor Bildgebung zwei Gehirnregionen entschlüsselt, anhand derer sich die Erfolgsaussichten einer OP genauer als bisher vorhersagen lässt.

 

Genaue Lokalisation des Anfallsherdes im Gehirn vor Epilepsie-Chirurgie

Mehr als 50 Millionen Menschen weltweit leiden unter Epilepsien. Die Ursachen, die das Krampfleiden auslösen, sind vielfältig. Bei etwa 30 Prozent der Patienten bleiben die Medikamente wirkungslos. Das ist insbesondere bei Epilepsien der Fall, die ihren Ursprung im Hippocampus (Schläfenlappen) haben. Eine chirurgische Entfernung des Anfallsherdes kann bei diesem Epilepsietyp zu einer nachhaltigen Besserung der Symptome und sogar zur Heilung führen. Voraussetzung für die Epilepsie-Chirurgie ist eine möglichst genaue Lokalisation des Anfallsherdes im Gehirn. Trotzdem ist die Operation nicht bei allen Patienten erfolgreich – dann kommt es auch nach der OP weiter zu Anfällen.

Weshalb die Epilepsie-Chirurgie – Neurochirurgie – nicht in allen Fällen der Temporallappenepilepsie helfen kann, ist noch nicht vollständig verstanden. Ein großer Fortschritt wäre eine Methode, bereits vor der aufwendigen Operation besser einschätzen zu können, ob der Eingriff eine gute Aussicht auf Erfolg hat.

 

Nervenfasern übertragen elektrische Informationen

In einem Kooperationsprojekt unter der Leitung von Dr. Simon S. Keller von der Universität Liverpool, der Medizinischen Hochschule South Carolina und des King´s College in London wurde unter Beteiligung der Uniklinik für Epileptologie in Bonn eine umfangreiche Studie mittels sogenannter Diffusions Tensor Bildgebung (DTI) durchgeführt. Mit Hilfe der Magnetresonanztomografie (MRT) wird dabei die Diffusionsbewegung von Wassermolekülen in Nervenfasern des Gehirns gemessen. Die faserartigen Fortsätze der Nervenzellen übertragen wie eine Art Stromleitung elektrische Impulse und übermitteln damit Informationen.

Das Forscherteam untersuchte mit der DTI insgesamt 43 Patienten mit Schläfenlappenepilepsie vor und nach der Operation. Dabei legten die Wissenschaftler ihr Augenmerk auf die Nervenfaserverbindungen im Schläfenlappen. Der Vergleich der Befunde mit gesunden Menschen, die ebenfalls mit dem Bildgebungsverfahren untersucht wurden, zeigte die Veränderungen in den Nervenfaserverbindungen der Epilepsiepatienten. Darüber hinaus konnten die Forscher beobachten, wie sich diese Leitungsbahnen durch den chirurgischen Eingriff veränderten.

 

Trefferwahrscheinlichkeit: Mehr als 80 Prozent

Veränderungen in zwei Fasertrakten des Schläfenlappens scheinen dafür verantwortlich zu sein, ob es nach der Operation zu keinen epileptischen Anfällen mehr kommt: Dies war zum einen der sogenannte „Fornix“, ein mächtiger Faserzug, und zum anderen die Nervenfasern in der „parahippocampalen Region“ der anderen Hirnhälfte. Mit Hilfe der Diffusionsbildgebung konnten die Wissenschaftler in mehr als 80 Prozent der Fälle vor der Operation einschätzen, ob der Eingriff Besserung bringt oder nicht. „Dies ist signifikant höher als bisherige Vorhersagemöglichkeiten“, sind sich die Forscher einig.

„Bisher ist die Vorhersagemöglichkeit des postoperativen Verlaufs mit Hilfe bildgebender Methoden wenig untersucht“, sagt Erstautor Dr. Simon Keller von der Universität Liverpool. Diese Studie sei die erste, die eine detaillierte Analyse von Gewebeeigenschaften der Nervenfasern im Schläfenlappen mit Hilfe der Diffusionsbildgebung mit Hinblick auf die Vorhersagekraft des chirurgischen Erfolges durchführt.

„Auch wenn diese Untersuchung erste vielversprechende Resultate zeigt, ist der Einsatz in der klinischen Routine noch weiter entfernt“, sagt Prof. Weber. Die Daten zeigten jedoch das Potential, das bildgebende Verfahren hinsichtlich der Abschätzung von Erfolgsaussichten bei der chirurgischen Behandlung von Temporallappenepilepsien haben.

Publikation: Preoperative automated fiber quantification predicts postoperative seizure outcome in temporal lobe epilepsy, Fachjournal “Brain”, DOI: 10.1093/brain/aww280

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