Dienstag, April 16, 2024

Durch Handy-App die Reisekrankheit verhindern

Forscher glauben, dass man zukünftig durch eine Handy-App die Reisekrankheit verhindern kann, indem elektrische Spannung an die Kopfhaut übertragen wird.

Forscher aus London konnten in einer aktuellen Studie zeigen, dass eine auf der linken Kopfseite angelegte elektrische Spannung die Reisekrankheit verhindern kann und ebenso gut wirkt wie die besten Tabletten – aber ohne dass die übliche Schläfrigkeit die Fahrtüchtigkeit oder die Fähigkeit Maschinen bedienen zu können beeinträchtigt. Dabei wurde über ein Headset eine sehr geringe elektrische Spannung an die Kopfhaut übertragen, wodurch man die Seekrankheit und andere Arten von Reisekrankheit verhindern konnte. Bei Reisekrankheiten wie Seekrankheit, Luftkrankheit, Raumkrankheit oder die Landkrankheit von Seeleuten auf Landgang spricht man medizinisch von einer Kinetose.

 

Handy-App gegen Reisekrankheit

Die britischen Forscher behaupten, dass eine einfaches elektronisches Gerät oder eine Handy-Anwendung in den nächsten fünf bis zehn Jahren am Markt zur Verfügung stehen könnte. Damit würden Schwindel, Kopfschmerzen, schwere Übelkeit und kalter Schweiß, die mit Kinetose einhergehen – ein großes Problem für z.B. Fährpassagiere – der Vergangenheit angehören.

Die Wissenschaftler glauben, dass die niedrige elektrische Spannung, die der einer 9V-Batterie entspricht und sich wie ein leichtes Prickeln anfühlt, mit dem Teil des Gehirns interagiert, der Bewegungssignale verarbeitet. Obwohl die biologischen Ursachen für die Kinetose nicht klar sind, ist es wahrscheinlich, dass ein gestörter sensorischen Input der Sehnerven und des Gleichgewichtsorganes im Innenohr daran schuld ist.

„Es wird der Bereich im Gehirn, der für die Verarbeitung der Signale aus dem Gleichgewichtsorgan im Innenohr verantwortlich ist, beeinflusst“, sagte Arshad Qadeer vom Imperial College London, der die Studie leitete.

 

Zukunftsvision: Mit Elektroden aus der Apotheke die Reisekrankheit verhindern

„Wir sind zuversichtlich, dass innerhalb von fünf bis zehn Jahren die Menschen in der Lage sein werden, in die Apotheke zu gehen um ein „Gerät“ gegen Kinetose zu kaufen. Es könnte so funktionieren, wie die bereits erhältlichen TENS-Geräte (Transkutane Elektrische Nervenstimulation) gegen Rückenschmerzen. Wir hoffen, dass es sogar in ein Mobiltelefon zu integrieren ist, das die benötigte niedrige Spannung über den Kopfhörer liefern könnte“, sagte Dr. Arshad. „In jedem Fall müssten man vor der Reise (auf einer Kanalfähre z.B.) kurzfristig kleine Elektroden an Ihrer Kopfhaut befestigen. Die benötigte Spannung ist klein und es gibt keinen Grund, negative Auswirkungen bei diesem kurzfristigen Einsatz zu befürchten.“

Fast jeder kann unter Reisekrankheit leiden und etwa bei einem Drittel der Menschen treten schwere Symptome auf. Lange Busfahrten, Fahrten mit Fähren und Flüge in Kleinflugzeugen sind nur einige der Dinge, die Reisekrankheit auslösen können. Alle aktuellen Therapien sind nur teilweise wirksam, sagen die Forscher in ihrer Studie, die in der Fachzeitschrift Neurology veröffentlicht wurde.

Zehn freiwillige Studienteilnehmer trugen das elektrische Gerät für 10 Minuten, während sie in einem – auch kippbaren – Drehstuhl, saßen. Damit wurde die Fahrt in einem schaukelnden Boot oder einer Achterbahn simuliert. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass es den menschlichen „Meerschweinchen“ weniger schnell übel wurde und dass sie auch in der Lage waren, sich schneller zu erholen.

 

Auch für das Militär interessant

Professor Michael Gresty vom Imperial College, eine international anerkannte Autorität auf dem Gebiet, wie man eine Reisekrankheit verhindern kann, meint: „Das Problem bei der Behandlung von Reisekrankheit ist, dass die wirksamsten Gegenmittel – in der Regel Tabletten – die Menschen sehr schläfrig machen. So kann man eine Reisekrankheit verhindern, wenn man als Passagier auf eine kurze Reise geht. Anders ist das, wenn man beispielsweise auf einem Kreuzfahrtschiff arbeiten und trotz Seekrankheit funktionieren muss!“

Die Vorteile, die mit der neuen Methode gefunden wurden, waren durchaus vergleichbar mit den Erfolgen der derzeit besten zur Verfügung stehenden Medikamente, um Reisekrankheit verhindern zu können, so die Experten. Laut Dr. Arshad gäbe es aber auch noch andere Anwendungsmöglichkeiten für das Gerät, z.B. ist das Militär daran interessiert, es für das Personal, das beim Betrieb ferngesteuerten Drohnen seekrank wird, einzusetzen.

„Von anderen Untersuchungen gibt es auch Hinweise, dass eine Stimulierung des Gehirns auf diese Weise die Aufmerksamkeit und Konzentration erhöhen kann. Dieser Aspekt ist für das Militär von großem Interesse und wir könnten uns vorstellen, dass auch andere Gruppen wie Studenten und Menschen, die längere Zeit mit Computerspielen verbringen es auch auszuprobieren wollen“, erklärten die Studienutoren.

Literatur:

http://www.neurology.org/content/early/2015/09/04/WNL.0000000000001989.full.pdf+html

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