Angeblich verbringt der Urologe in der Praxis etwa ein Viertel seiner Zeit mit Abklärung, Diagnostik und Therapie von Harnwegsinfekten. Diese sind somit wesentlich für das Gesundheitssystem.
Harnwegsinfekte (HWI) gehören zu den häufigsten Infektionskrankheiten, die bevorzugt das weibliche Geschlecht betreffen. Innerhalb eines Jahres zeigen sich Rezidivraten von 30–45%. Unter dem Strich sollen Urologinnen und Urologen in der Praxis etwa 1/4 ihrer Zeit mit der Abklärung und Diagnostik sowie und Therapie von Harnwegsinfekten verbrauchen. Daher sind Harnwegsinfekte auch ein wichtiger Faktor für die Finanzierung des Gesundheitssystems.
Anamnese und Harngewinnung zur Diagnostik von Harnwegsinfekten
Die Diagnostik von Harnweginfekten umfasst einerseits eine gründlichen Anamnese. Hierzu sind prädisponierende Faktoren wie häufiger Partnerwechsel, neue Partnerschaft, Benutzung spermizider Substanzen, Postmenopause, Intimhygiene, und Miktionsverhalten von Bedeutung.
Andererseits ist vor allem die anschließende Harngewinnung entscheidender Faktor. Der korrekten Harngewinnung kommt dabei große Bedeutung zu. Ab der 2. kontaminierten Harnkultur, bzw. bei berechtigtem Zweifel an der akkuraten Harngewinnung der Frau, sollte diese mittels Einmalkatheterismus erfolgen!
Vorgehen bei der Harngewinnung
- Lokaldesinfektion des Meatus urethrae externus von vorne nach hinten mit Hilfe eines Schleimhautdesinfektionsmittels
- Kontamination vermeiden / Spreizen der Labien
- Auffangen des Mittelstrahlharns in einem sterilen Gefäß
Die anschließende Auswertung erfolgt primär mittels Harnteststreifens auf Nitrit, Leukozytenesterase und Hämoglobin. Sind zwei oder alle drei Subtests bei entsprechender Klinik positiv, erhärtet sich der Verdacht auf einen Harnwegsinfekt.
- Falsch negative Ergebnisse beim Nitritnachweis finden sich erstens bei Vorliegen eines Harnwegsinfekts mit Staphylokokken, Enterokokken oder Candidurie.
- Zweitens ergeben sich falsch negative Ergebnisse der Leukozytenesterase bei Proteinurie oder Hyperbilirubinämie.
Im Grunde genommen beeinflusst die Ascorbinsäure den Hämoglobinnachweis, weiter kann man den Teststreifen bei Makrohämaturie nicht verwerten. Bei rezidivierenden, bzw. komplizierten Harnwegsinfekten muss eine Harnkultur mit Antibiogramm durchgeführt werden. Diese kann entweder mittels Einsendung des Nativharns, oder als Urineintauchkultur vorgenommen werden. Häufige Fehlerquellen sind eine unvollständige Benetzung des Kulturmediums sowie das Anlegen der Kultur nach Einnahme der ersten Antibiotikadosis. Im Regelfall gilt eine Keimzahl von ≥ 105 cfu/ml als Nachweis eines Harnwegsinfekts.
Bakteriologische Untersuchung
Neben der Harnkultur ist bei Abklärung und Diagnostik von rezidivierenden Harnwegsinfekten (rHWI) der Frau eine bakteriologische Untersuchung des Vaginalabstriches indiziert. Erstens finden sich dort häufig die bakteriellen Erreger, die für die Infektrezidive verantwortlich sind, zweitens können okkulte STD-Infektionen (Ureaplasmen, Chlamydien, Candida, Herpes genitalis, etc.), die vor allem bei jungen Frauen sehr häufig vorliegen, entdeckt und behandelt werden. Beim ersten Rezidiv bei Harnwegsinfekten wird eine Sonographie des Harntraktes zum Ausschluss anatomischer Anomalien, Steinerkrankungen, Restharnbildung etc. empfohlen.
Literatur:
Byron JK. Urinary Tract Infection. Vet Clin North Am Small Anim Pract. 2019 Mar;49(2):211-221. doi: 10.1016/j.cvsm.2018.11.005. Epub 2018 Dec 24. PMID: 30591189.
Chu CM, Lowder JL. Diagnosis and treatment of urinary tract infections across age groups. Am J Obstet Gynecol. 2018 Jul;219(1):40-51. doi: 10.1016/j.ajog.2017.12.231. Epub 2018 Jan 2. PMID: 29305250.