Freitag, April 19, 2024

Bluttransfusionen werden immer sicherer

Bluttransfusionen bergen in sich Gefahren der Übertragung von Krankheitserregern, molekulare Tests und neue Verfahren machen diese sicherer.

Seit 1999 beziehungsweise 2004 werden alle Blutspenden in Deutschland nicht nur mit den herkömmlichen (serologischen) Methoden, sondern auch mit neuen molekularbiologischen Verfahren auf das Hepatitis-C-Virus (HCV) und das Humane Immundefizienz-Virus (HIV) getestet. Das hat dazu geführt, dass die Anzahl unerkannter infektiöser Blutspenden für diese Viren sehr stark zurückgegangen ist. So beträgt heute das Risiko für eine HIV-Übertragung durch Bluttransfusionen < 1:25 Millionen und für eine Hepatitis-C-Virus-Infektion < 1:75 Millionen Bluttransfusionen. Die Übertragungshäufigkeit für das Hepatitis-B-Virus (HBV) ist mit etwa 1:8 Millionen Bluttransfusionen noch etwas häufiger, jedoch werden seit Anfang der 90er-Jahre unsere Kinder nach dem Impfkalender gegen Hepatitis B geimpft, sodass auch diese Zahlen weiter zurückgehen sollten. Diese Entwicklung hat auch zur Folge, dass kaum noch Eigenblutspenden durchgeführt werden, deren Nutzen vor einer geplanten Operation ohnehin umstritten ist.

 

Hepatitis-E-Virus-Übertragungsrisiko durch Bluttransfusionen

Vereinzelt kommt es zu Übertragungen des Hepatitis-E-Virus (HEV) durch Bluttransfusionen. Dieses Virus kommt gehäuft bei Haus- und Wildschweinen vor. Es stellt bei Verletzungen ein Risiko für Schlachthofmitarbeiter, für Jäger und bei der Fleischzubereitung in der Küche dar, kann aber auch bei Verzehr von rohem Schweinefleisch auf dem Nahrungsweg übertragen werden.

Das Hepatitis-E-Virus-Übertragungsrisiko durch Bluttransfusionen ist verhältnismäßig gering und stellt nur für schwer kranke Patienten eine tatsächliche Gefährdung dar. Ungeachtet der geringen Gefährdung soll auch hinsichtlich dieses Krankheitserregers die Sicherheit von Bluttransfusionen verbessert werden. Eine molekularbiologische Testung aller Blutspenden ist zurzeit in Vorbereitung.

Weitere potenzielle Herausforderungen sind exotische Krankheitserreger, die Urlauber von Fernreisen mit nach Hause bringen können, wie zum Beispiel das zuletzt durch die Schädelmissbildungen bei Neugeborenen infizierter Mütter bekannt gewordene Zika-Virus. Die Übertragung solcher Erreger durch Bluttransfusionen in Deutschland lässt sich zurzeit dadurch verhindern, dass Reiserückkehrer aus entsprechenden Verbreitungsgebieten vier Wochen bis zur nächsten Blutspende warten müssen. Natürliche Klimaveränderungen führen allerdings auch dazu, dass sich zuerst die Verbreitungsgebiete exotischer Stechmücken und danach auch die der Krankheitserreger, die von diesen auf Menschen übertragen werden, verändern können. So konnte in den letzten Jahren das West-Nil-Virus vereinzelt in Österreich nachgewiesen werden.

Als Alternative zur Einführung immer weiterer Testungen der Blutspenden auf neue Krankheitserreger stehen in Zukunft innovative Verfahren zur generellen Pathogeninaktivierung von Blutprodukten zur Verfügung. Bei der Herstellung von Plasmaprodukten kommen bereits seit Jahrzehnten klassische Verfahren, wie zum Beispiel die Pasteurisierung, zum Einsatz, die allerdings auf Blutzellen nicht anwendbar sind. Für zelluläre Blutprodukte sind zurzeit mehrere Verfahren in der Entwicklung, die alle auf dem Einsatz von UV-Licht unterschiedlicher Wellenlängen beruhen und zur Abreicherung eventuell vorhandener Viren, Bakterien oder Parasiten führen.

Da die für die Behandlung wichtigen roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und Blutplättchen (Thrombozyten) keine Zellkerne enthalten, bleiben sie bei diesen Prozeduren weitgehend unversehrt. Eines dieser Pathogeninaktivierungsverfahren für Thrombozytenkonzentrate hat sich bereits über zehn Jahre im weltweiten Routineeinsatz bewährt. Sobald diese Verfahren auch für Erythrozyten-Konzentrate zur Verfügung stehen werden, scheint in der Transfusionsmedizin ein Paradigmenwechsel anzustehen. Die Testung der Blutspenden im Labor könnte dann auf wenige Krankheitserreger reduziert werden, gegenüber denen das jeweils angewandte Verfahren nicht so stark wirksam ist wie gegenüber anderen.

Quelle:

Sichere Blutprodukte: Wie wir Empfänger vor Infektionen schützen Professor Dr. med. habil. Holger Steffen Hennig Ständiger Vertreter des Direktors des campusübergreifenden Instituts für Transfusionsmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) zur 51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie e.V. (DGTI), September 2018, Lübeck

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