Freitag, April 19, 2024

Biphasische Anaphylaxie beim Kind

Forscher identifizieren mit evidenzbasierten Prognose-Tool potenzielle Anzeichen für Biphasische Anaphylaxie beim Kind, um sehr schwere Fälle genauer zu beobachten.

Die sogenannte Anaphylaxie gilt als ernstzunehmende, schwerwiegende und in vielen Fällen durchaus lebensbedrohliche Überempfindlichkeitsreaktion auf einen bestimmten Stimulus. Es kommt bei Anaphylaxie zu einer akuten, krankhaften Reaktion des Immunsystems auf chemische Reize und kann den gesamten Organismus betreffen.

Das klinische Bild anaphylaktischer Reaktionen zeigt leichte Hautreaktionen, Störungen von Organfunktionen sowie Kreislaufschock mit Organversagen. Es kann auch zu einem anaphylaktischen Schock mit tödlichen Kreislaufversagen.

Besonders tückisch ist, dass Reaktionen dieser Art in der Regel sehr plötzlich auftreten und verschiedene Organe in Mitleidenschat ziehen. Bei etwa 1 bis 20 Prozent der Fälle kann es innerhalb von 1 bis 72 Stunden zusätzlich zu einer zweiten Reaktion kommen, auch biphasische Anaphylaxie genannt.

Gerade Kinder sind in Bezug auf diese wiederholten bzw. verzögerten anaphylaktische Reaktionen besonders gefährdet. Die erste pädiatrische Studie, die sich mit den Anzeichen dieses Phänomens auseinandersetzt, wurde soeben im Fachjournal Annals of Allergy, Asthma, and Immunology veröffentlicht.

Biphasische Anaphylaxie beim Kind zeigt sich durch verzögerte Reaktionen, die meist Stunden oder Tage nach der ersten Reaktion auftreten.

Eine Studie des Children`s Hospital of Eastern Ontario (CHEO) Research Institute untersuchte die Häufigkeit und den Schweregrad biphasischer allergischer Reaktionen. Die Untersuchung von 484 Patienten ergab, dass es sich in 15 Prozent der Fälle um eine biphasische Anaphylaxie handelte. Zwei Drittel dieser Reaktionen fanden etwa sechs Stunden nach Beginn der Erstreaktion statt. Mindestens die Hälfte der biphasischen Reaktionen war so schwerwiegend, dass eine Epinephrin-Verabreichung notwendig war.

Der Studie zufolge, waren biphasische Reaktionen besonders wahrscheinlich, wenn die Erstreaktion schwerwiegend war oder nicht mit Epinephrin behandelt wurde. Zudem fiel die Anaphylaxie bei verzögerter Epinephrin-Verabreichung schwerer aus.

„Für Patienten, Eltern, Lehrer und Ersthelfer gilt: Um eine anaphylaktische Reaktion einzudämmen, sollte unverzüglich, dh. mit Beginn der ersten Symptome, Epinephrin verabreicht werden,“ so Dr. Waleed Alqurashi, Notfallmediziner am CHEO und Professor an der Universität Ottawa. „Unserem Team ist es gelungen, ein evidenzbasiertes Prognose-Tool zu entwickeln, welches es Ärzten ermöglicht, besonders schwerwiegende Fälle genauer zu verfolgen bzw. zu beobachten.“

Das Team identifizierte fünf evidenzbasierte Anzeichen für Biphasische Anaphylaxie beim Kind:

  • Die Eilieferung in die Notfallaufnahme bzw. die Epinephrin-Verabreichung mehr als 90 Minuten nach der ersten allergischen Reaktion

  • Erweiterter Pulsdruck bei Einlieferung in die Notfallaufnahme

  • Behandlung der ersten allergischen Reaktion durch mehr als eine Dosis Epinephrin

  • Atemnot in der Notfallaufnahme, die eine Inhalation mit Salbutamol erfordert

  • Kinder zwischen 6 und 9 Jahren

„Kinder mit besonders schwerwiegender Erstreaktion würden von einer längeren medizinischen bzw. ärztlichen Überwachung in der Notfallaufnahme profitieren,“ so Alqurashi. „Auf der anderen Seite ist es wichtig, entsprechende Anzeichen frühzeitig zu erkennen bzw. zu deuten, um zu verhindern, dass Kinder infolge leichterer Reaktionen, länger als notwendig im Krankenhaus verweilen.“

Quelle: Epidemiology and clinical predictors of biphasic reactions in children with anaphylaxis; Alqurashi, Waleed et al. Annals of Allergy, Asthma & Immunology.

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