Freitag, April 19, 2024

Biomarker für psychische Erkrankungen

Die breit angelegte BeCOME-Studie will herausfinden, ob und welche objektiv erhobenen Messwerte wichtige Biomarker für psychische Störungen sein könnten.

Psychiater diagnostizieren die Erkrankungen ihrer Patienten auf Basis von deren Schilderungen. Sie können nicht wie andere Ärzte auf Röntgenbilder, Blut- oder Fieberwerte zurückgreifen, um ihre Diagnose zu begründen. Das Max-Planck-Institut für Psychiatrie (MPI) möchte im Rahmen einer breit angelegten Studie Biomarker identifizieren, die helfen, psychiatrische Erkrankungen besser zu diagnostizieren.

Die BeCOME-Studie (für Biological Classification of Mental Disorders) soll Aufschluss darüber geben, ob und welche objektiv erhobenen Messwerte wichtige zusätzliche Aussagen über psychische Störungen liefern können. Die Vermutung dahinter: die Diagnosen sind bisher viel zu ungenau. „Es gibt nicht die eine Depression oder Schizophrenie, sondern viele verschiedene Formen“, so die Einschätzung von Elisabeth Binder, Studienleiterin und Direktorin des MPI. „Um Patienten gezielter behandeln zu können, müssen wir besser diagnostizieren können“, resümiert sie.

Die Wissenschaftler und Ärzte am MPI erheben für die Studie genetische und epigenetische Informationen und messen verschiedene körperliche Parameter und Hirnfunktionen. Das Herzstück des Untersuchungsprogramms bilden Messungen, die bestimmte Hirnprozesse abbilden: Mit Hilfe des Magnetresonanztomographen erhalten die Experten Einblick in strukturelle und funktionelle Strukturen des Gehirns. Molekulare Marker gewinnen sie durch Untersuchungen des Blutes. Neuropsychologische Tests absolvieren Teilnehmer am Computer oder im Gespräch mit einem Therapeuten. Sie liefern Erkenntnisse über die Gedächtnisleistung, Aufmerksamkeit oder die kognitive Flexibilität. Zu den psychophysiologischen Tests gehört neben der Messung der Blickbewegung und der Hautleitfähigkeit auch die Pupillometrie. Dabei wird die Reaktion der Pupille auf einen Lichtreiz gemessen. Auch diese Ergebnisse könnten Indikatoren für psychische Erkrankungen sein.

Teilnehmer gesucht

Patienten mit Depression und Angst, die aktuell keine Psychopharmaka einnehmen, können bei der Studie genauso mitmachen wie gesunde Probanden. Sie unterstützen dadurch die Wissenschaft, erfahren viel über ihren Körper und erhalten buchstäblich Einblick in ihr Gehirn.

„Insbesondere in dieser Breite ist unser Ansatz weltweit neu und basiert auf wissenschaftlichen Ergebnissen der vergangenen Jahre“, betont Martin Keck, Chefarzt und Direktor der Klinik am MPI.

Solche Untersuchungen sind nur durch die besondere Kombination der Expertise aus vielen biomedizinischen Teilbereichen und der jeweils neuesten Technologien möglich. Das MPI ermöglicht durch die enge Verbindung von Forschung und Klinik diese aufwendigen Untersuchungen mit dem Ziel, neue Behandlungsmöglichkeiten für psychische Erkrankungen zu entwickeln.

Weitere Informationen: http://www.psych.mpg.de/become

Related Articles

Aktuell

Zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom kultivieren

Wichtig zur Klärung der Metastasierung: Forscher gelang es, zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom zu kultivieren. Die Forschung zum kleinzelligen Lungenkarzinom (SCLC), einer besonders aggressiven Form...
- Advertisement -

Latest Articles

Individuelle Beratung zur Ernährung für Krebspatienten

Beratung zur Ernährung für Krebspatienten: Verbesserung der Lebensqualität durch individuelle ernährungsmedizinische Unterstützung. Eine rechtzeitige und individuell angepasste Beratung zur Ernährung kann wesentlich zur Verbesserung der...

Warum HIV trotz Kombinationstherapie höchst aktiv sind

Neue Herausforderungen in der HIV-Behandlung sind, dass aktive HI-Viren trotz Kombinationstherapie weiterhin aktiv bleiben. Die HIV-Kombinationstherapie, eingeführt in den 1990er Jahren, gilt als Meilenstein in...

Partnerschaft mit Diabetes-Patienten: auch die Partner profitieren von Einbeziehung

Den Partner in die Diabetes-Behandlung zu integrieren, verbessert die Partnerschaft und das gemeinsame Wohlbefinden. Diabetes Typ-2 stellt nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für...