Freitag, April 19, 2024

Die Verbreitung der Bettwanzen wird weltweit immer stärker

Die Verbreitung der Bettwanzen wird weltweit immer stärker. Forscher konnten das Genom dieser Insekten entschlüsseln, wobei die Gene zur inneren Uhr sowie zur Ausscheidung und Häutung interessant waren.

Allein der Gedanke daran verursacht bei empfindlichen Menschen Gänsehaut und den unwiderstehlichen Drang, sich zu kratzen. Die winzigen Bettwanzen, nur wenige Millimeter groß, haben sich in den letzten Jahren weltweit ausgebreitet und ihre Verbreitung nimmt stetig zu. Tatsächlich wurden sie kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in vielen Teilen der Welt nahezu ausgerottet. Dies geschah wahrscheinlich durch großflächigen Einsatz von Pestiziden. Doch derzeit erleben Bettwanzen eine Art »Wiederauferstehung«, ihre Verbreitung erfolgt weltweit mit alarmierender Geschwindigkeit.

 

Bettwanzen gegen Insektizide resistent

Ein Anstieg von Fernreisen, die Globalisierung im Handel und der Trend zur Secondhand-Kleidung tragen nach wissenschaftlicher Ansicht dazu bei, dass die Verbreitung der Bettwanzen weltweit auf allen Kontinenten erfolgt. Doch noch entscheidender ist wahrscheinlich die Tatsache, dass Bettwanzen mittlerweile gegen die meisten Insektizide resistent geworden sind.

 

Bettwanzen und ihre Tricks, ihre Verbreitung weltweit fortzusetzen

Bettwanzen sind nach einer Blutmahlzeit so vollgepumpt, dass sie sich nur noch schlecht bewegen können. Das macht sie anfällig für potenzielle Räuber. Allerdings beherrschen die Bettwanzen einen Trick, mit dem sie diese Gefahr reduzieren können. Sie scheiden in kurzer Zeit eine große Menge an Flüssigkeit aus und werden dadurch wieder beweglicher. Peptidhormone steuern diesen Prozess, indem sie an sogenannte G-Protein-gekoppelte Rezeptoren binden. Diese Rezeptorklasse ist auch beim Menschen zu finden und bietet dort einen Ansatzpunkt für zahlreiche Wirkstoffe.

 

Das Blutsaugen stellt die innere Uhr

Nachdem Bettwanzen eine Mahlzeit mit Blut hatten, sind sie so vollgesogen, dass ihre Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt ist. Dadurch werden sie anfällig für potenzielle Fressfeinde.

Allerdings verfügen Bettwanzen über einen Trick, mit dem sie diese Gefahr verringern können: Sie scheiden in kurzer Zeit eine große Menge an Flüssigkeit aus, wodurch sie wieder beweglicher werden. Dieser Prozess wird von Peptidhormonen gesteuert, die an sogenannte G-Protein-gekoppelte Rezeptoren binden.

Interessanterweise finden sich solche Rezeptoren auch im menschlichen Körper und bieten daher eine vielversprechende Grundlage für die Entwicklung verschiedener Wirkstoffe.

 

14.222 Gene von Bettwanzen identifiziert

Die Arbeit der Forscher gleicht einem faszinierenden Puzzle, das in einem speziellen Genombrowser wie ein Videospiel zusammengesetzt wird. Dort tragen alle beteiligten Arbeitsgruppen ihre Ergebnisse zusammen, die anschließend von Bioinformatikern überprüft werden.

Auf diese Weise konnten Wissenschaftler 14.222 Gene von Bettwanzen identifizieren, während zuvor automatisch nur 13.953 vorhergesagt wurden. Zum Vergleich: Im menschlichen Erbgut finden sich etwas mehr als 20.000 Gene. In diesen Genen liegen die Erklärungen für das erstaunliche Verhalten der Bettwanzen verborgen.

Die Bettwanzen ernähren sich ausschließlich von Blut und müssen daher in der Lage sein, alle benötigten Nährstoffe daraus zu ziehen, um zu überleben. Nach einer Mahlzeit können Bettwanzen ein ganzes Jahr lang ohne weitere Nahrungsaufnahme überleben. Der Versuch, einen befallenen Matratzenbereich quasi „auszuhungern“, indem man für einige Wochen auf die Wohnzimmercouch umzieht, ist also zum Scheitern verurteilt.

 

Die Fortpflanzungstechnik der Bettwanzen ist kurios

Eine kuriose Fortpflanzungstechnik zeigt sich bei Bettwanzen, die von der Wissenschaft als „traumatische Insemination“ bezeichnet wird. Dabei durchsticht das Männchen die Bauchhaut des Weibchens und platziert seine Spermien in der Körperhöhle des Weibchens.

Die Entstehung solch brutalen Verhaltens im Laufe der Evolution und die Mechanismen zur Vermeidung von Infektionen sind Fragen, die das wissenschaftliche Interesse wecken. Die Kenntnis der dabei involvierten Gene könnte auch für die Therapie verschiedener Krankheiten beim Menschen von großem Nutzen sein, so glauben die Forscher.


Literatur

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