Epilepsie im Alter ist oft diffuser als bei jüngeren und äußert sich nicht zwangsläufig mit der typischen Aura oder augenfälligen Anfällen.
Epilepsie ist eine Funktionsstörung des Gehirns, von der 60.000 Menschen in Österreich betroffen sind. Somit sind in Österreich 0,8 Prozent der Gesamtbevölkerung betroffen. Jährlich kommen 0,05 Prozent Neuerkrankungen jährlich dazu kommen, heißt das alle zwei Stunden erkrankt hierzulande ein Mensch an Epilepsie. Von Epilepsie im Alter spricht man, wenn nach dem 65. Lebensjahr mindestens zwei nicht provozierte epileptische Anfälle innerhalb von 24 Stunden zu beobachten sind.
Zahlreiche Epilepsie-Medikamente eingeführt
Die gute Nachricht ist, dass in den letzten zwei Jahrzehnten zahlreiche Medikamente eingeführt wurden, die sieben von zehn Betroffenen eine vollständige Anfallsfreiheit bringen können – und das meist ohne gravierende Nebenwirkungen. Doch kann noch immer nur ein geringer Prozentsatz der Menschen mit Epilepsie von den neuen medikamentösen Möglichkeiten profitieren.
Noch problematischer ist die Situation bei Patienten, die auf verfügbare Epilepsie-Medikamente nicht ansprechen – etwa ein Drittel aller Betroffenen. Dank der technischen Fortschritte sowohl auf dem Gebiet der bildgebenden Diagnostik als auch auf dem Gebiet der Neurochirurgie kann ein Teil dieser Patienten mit guter Langzeit-Effektivität operiert werden.
Wie eine vor Kurzem im New England Journal of Medicine veröffentlichte Studie mit 9.523 Patientinnen und Patienten zeigt, sind die Ergebnisse überragend: 58 Prozent der Erwachsenen waren ein Jahr nach einem chirurgischen Eingriff vollständig anfallsfrei. Wenn der Epilepsie ein gutartiger Tumor zugrunde lag, waren es sogar 63,5 Prozent. Bei Kindern lag die Erfolgsrate bei 65 Prozent. Wie die Studie aber auch zeigt, kommen die Betroffenen durchschnittlich erst 16 Jahre nach der Erstdiagnose zur Operation. Dabei müsste in jedem dieser Fälle nach spätestens drei bis fünf Jahren erkennbar gewesen sein, dass es sich um Patienten handelt, die auf Medikamente nicht ansprechen.
Epilepsie im Alter stellt besondere Herausforderungen an die Versorgung
Dass es weitere Anstrengungen bedarf, zeigt sich auch am Beispiel der Epilepsie im Alter. Die meisten Epilepsien treten erst im Erwachsenenalter auf. Allerdings präsentiert sich Epilepsie im Alter oft diffuser als bei jüngeren oder mittelalten Erwachsenen und äußert sich nicht zwangsläufig mit der typischen Aura oder augenfälligen Anfällen. Typisch sind Verwirrtheitszustände, die allerdings oft einer Demenzerkrankung oder einem vorhergehenden Schlaganfall zugeschrieben werden.
Um solche Fälle erkennen und Epilepsie im Alter adäquat behandeln zu können, braucht es eine sorgfältige neurologische Diagnostik mit vielen EEGs. Voraussetzung dafür ist aber, dass diese Patienten überhaupt den Zugang zur Neurologie finden. Damit Allgemeinmediziner und Kollegen anderer Fachrichtungen diffuse Symptome erkennen und richtig einordnen können, braucht es ein breit gestreutes neurologisches Grundwissen quer durch die Medizin.
Quelle:
Blumcke et at, Histopathological Findings in Brain Tissue Obtained during Epilepsy SurgeryN Engl J Med 2017;377:1648-56.DOI: 10.1056/NEJMoa1703784