Freitag, April 19, 2024

Antibiotikaresistenz von Bakterien gegen das Antibiotikum Erythromycin

Die Antibiotikaresistenz von Bakterien – wie gegen das Antibiotikum Erythromycin-Antibiotika – gehört weltweit zu den großen Gesundheitsproblemen.

Die WHO warnt immer wieder eindringlich vor der Gefahr der Antibiotikaresistenz von Bakterien. „Die Welt bewegt sich ohne koordinierte Aktionen vieler Beteiligter in ein Zeitalter, in dem man ohne Antibiotika auskommen muss.“ Mit solch drastischen Formulierungen versucht die Weltgesundheitsorganisation die Weltbevölkerung und Entscheidungsträger wach zu rütteln. Unlängst konnten Forscher mithilfe kryo-elektronenmikroskopischer Bilder am Beispiel des Antibiotikums Erythromycin zeigen, sich eine Antibiotikaresistenz von Bakterien entwickelt.



 

Antibiotikaresistenz von Krankheitserreger gegen Erythromycin

Die Antibiotikaresistenz von Bakterien beziehungsweise multiresistente Krankheitserreger, die auf kein Antibiotikum mehr ansprechen, gehören zu den größten Herausforderungen in der Medizin. Wie sich die Antibiotikaresistenz von Bakterien gegen Antibiotika entwickeln, wurde unlängst im Fachjournal Molecular Cell beschrieben.

Mithilfe kryo-elektronenmikroskopischer Bilder in bisher unerreichter Auflösung konnten Forscher neue Einblicke in die Resistenzbildung gegen das Antibiotikum Erythromycin gewinnen. Ein besseres Verständnis dieser Mechanismen ist ein bedeutender Schritt auf dem Weg, neue, wirksame Antibiotika zu entwickeln.

 

Antibiotikaresistenz von Bakterien am Beispiel Erythromycin

Erythromycin entfaltet seine Wirkung, indem es an den bakteriellen Proteinfabriken – den Ribosomen – andockt und die Herstellung neuer Proteine verhindert.

Aber Bakterien können sich mithilfe sogenannter Resistenzgene wehren, die sie entweder von Natur aus besitzen oder durch Mutationen oder den Austausch mit anderen Bakterien erwerben können. Die für die Resistenzbildung notwendigen Gene werden aber nur aktiviert, wenn sie auch benötigt werden.

Dabei spielen Signalpeptide eine wichtige Rolle. Verrät ein Signalpeptid die Anwesenheit von Erythromycin, hält das Ribosom die weitere Proteinherstellung zunächst an. Dieser Stopp ermöglicht eine Strukturänderung in der Boten-mRNA, die die ansonsten unzugänglichen Resistenzgene für die Zellmaschinerie erreichbar und aktivierbar machen.



 

Niedrige Konzentrationen von Erythromycin in der interstitiellen Flüssigkeit der Haut scheinen die Antibiotikaresistenz zu fördern.

Jüngste Forschungen haben höhere Konzentrationen und eine längere Gesamtexposition von Azithromycin, ebenfalls einem Makrolid-Antibiotikum, in der interstitiellen Flüssigkeit der Haut als im Plasma festgestellt.

Schweizer Forscher wollten dazu herausfinden, ob diese charakteristische Verteilung im extrazellulären Geweberaum Makrolidantibiotika gemeinsam ist oder ob sie Azithromycin-spezifisch ist.

In der aktuellen Studie untersuchten sie deshalb die pharmakokinetischen Eigenschaften von Erythromycin und Clarithromycin in der interstitiellen Hautflüssigkeit von Ratten nach intravenöser Arzneimittelverabreichung und verglichen sie mit den dementsprechenden Ergebnissen von Azithromycin.

Es zeigte sich, dass die Gesamtmakrolidkonzentrationen in der interstitiellen Flüssigkeit zwischen den drei Makroliden signifikant unterschieden.

Die Rangfolge des interstitiellen Flüssigkeits-Plasma-Konzentrationsverhältnisses war Azithromycin (3,8 bis 4,9)> Clarithromycin (1,2 bis 1,5)> Erythromycin (0,27 bis 0,39). Dieses Verhältnis war nach der Dosierung stabil. Weiter ergaben sich höhere Arzneimittelspiegel im Hautgewebe als im Plasma für alle drei Makrolide.



Die Ergebnisse legen jedenfalls nahe, dass niedrigere Erythromycin-Konzentrationen in der interstitiellen Flüssigkeit die Entstehung von Bakterienresistenzen im extrazellulären Gewebsraum begünstigen. Gegen Antibiotikaresistenzen könnte die geeignete Dosierungsstrategie auf der Basis von Pharmakokinetik und Pharmakodynamik hilfreich sein.

 

Erythromycin

Bereits Anfang der 1950-er Jahre wurde das Erythromycin und seine antibiotische Wirkung entdeckt. Im Jahr 1981 gelang dann die Totalsynthese des Antibiotikums. Es ist ein zur Klasse der Makrolid-Antibiotika zählendes Stoffgemisch, das oft als Ersatz bei einer Penicillin-Allergie gegen Bakterieninfektionen angewendet wird.

Im Grunde genommen gilt Erythromycin zwar als gut verträglich. Es kann aber auch in Interaktion mit einigen anderen Wirkstoffen unerwünschte Wirkungen auslösen. Das Pharmacovigilance Risk Assessment Committee – der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz – bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) empfahl im September 2017 basierend auf einer Routinesignaldetektion, dass Erythromycin wie auch andere Makrolide seltene schwerwiegende allergische Reaktionen einschließlich der akuten generalisierten exanthematischen Pustulose (AGEP) auslösen kann.

Wenn eine allergische Reaktion auftritt, sollte das Arzneimittel abgesetzt und auf eine geeignete adäquate Therapie gewechselt werden. Ärzten wird ins Bewusstsein gerufen, dass es bei einem Absetzen der symptomatischen Behandlung zu einem Wiederauftreten der allergischen Symptomatik kommen kann.

Patienten sollten sich unverzüglich an einen Arzt wenden, wenn sich eine schwerwiegende Hautreaktion in Form eines roten, schuppigen Ausschlags mit Erhebungen unter der Haut und Blasen (exanthematische Pustulose ) zeigen.




Literatur:

Kobuchi S, Kabata T, Maeda K, Ito Y, Sakaeda T. Pharmacokinetics of Macrolide Antibiotics and Transport into the Interstitial Fluid. Comparison among Erythromycin, Clarithromycin, and Azithromycin. Antibiotics (Basel). 2020;9(4):E199. Published 2020 Apr 22. doi:10.3390/antibiotics9040199

Stefan Arenz et. al. Drug-Sensing by the Ribosome Induces Translational Arrest via Active Site Perturbation. Molecular Cell 2014. Quelle: http://www.cell.com/molecular-cell/abstract/S1097-2765%2814%2900746-1

Brittain DC. Erythromycin. Med Clin North Am. 1987;71(6):1147‐1154. doi:10.1016/s0025-7125(16)30802-1

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