Risikoevaluation, strenge Indikationsstellung und enges perioperatives Management stellen die Voraussetzungen für die Plastische Chirurgie älterer Patienten dar.
Der Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung steigt, Europa altert. Was als Tendenz bereits seit einigen Jahrzehnten zu erkennen ist, wird nun immer deutlicher und schreitet immer schneller voran. Dieser Demographiewandel bedeutet auch für die Chirurgie eine große Herausforderung, insbesondere für die Plastische Chirurgie.
Begleiterkrankungen im Alter erhöhen Häufigkeit und Schwere von Komplikationen
In erster Linie wird der geriatrische Patient durch sein biologisches Alter definiert, dazu kommen in den meisten Fällen Multimorbidität, also das Leiden an mehreren Krankheiten, und altersbedingte Faktoren wie beispielsweise eine verlangsamte Genesung, allgemeine Gebrechlichkeit, veränderte Reaktionen auf Medikamente oder kognitive Beeinträchtigungen.
Entsprechend wichtig ist eine möglichst genaue Risikoabschätzung, wenn sich geriatrische Patienten einem chirurgischen Eingriff unterziehen. „Mit einer Zunahme der Gruppe der über 65jährigen können sich die Raten an primärer oder Begleitmorbidität ebenso erhöhen wie die Häufigkeit und Schwere von Komplikationen“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Peter M. Vogt, Direktor der Klinik für Plastische, Ästhetische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover. Im Vordergrund steht also vor jeder Operation eines älteren Patienten die Evaluierung der Risiken nach der sogenannten ASA-Klassifikation. Zwar kann damit selbstverständlich keine exakte Prognose über den Ausgang einer Operation gegeben werden, dennoch können Patienten so anhand von systemischen Erkrankungen bezüglich des körperlichen Zustandes unterschieden und entsprechend behandelt werden.
„Hier ergeben sich auch besondere Anforderungen an das Risiko- und Komplikationsmanagement. Eine Risikoerhöhung ergibt sich nach der Datenlage der wissenschaftlichen Literatur insbesondere durch medizinische Komorbiditäten in dieser Altersklasse“, so Peter M. Vogt. Vorhandene Begleiterkrankungen spielen also eine wesentliche Rolle für den postoperativen Verlauf bzw. für das Auftreten etwaiger Komplikationen und müssen immer mitberücksichtigt werden.
Plastische Chirurgie – Verhältnis zwischen Nutzen und Risiko abwägen
„Im Risikomanagement älterer Patientinnen und Patienten muss außerdem das Nutzen- Risiko-Verhältnis auch unter Einbeziehung der erwarteten oder zu erwartenden Lebenszeit abgewogen werden“, gibt Vogt zu bedenken und berichtet weiter: „Öffentliche Statistiken, wie des statistischen Bundesamtes, belegen, dass das Gros aller chirurgischen Interventionen in den Altersgruppen ab der 6. Lebensdekade stattfinden. Aufwändige mikrochirurgische Eingriffe im hohen Alter weisen dabei eine Mortalitätsrate zwischen 0 und 9% auf.“
„Um nun dennoch auch im Feld der Plastischen Chirurgie bestmöglich mit der sich verändernden Demographie umzugehen und Risiken bzw. Komplikationen optimal abwägen oder sogar minimieren zu können, stellen vor allem eine konsequente Risikoevaluation, strenge Indikationsstellung und enges perioperatives Management die unabdingbaren Voraussetzungen für die Plastische Chirurgie älterer Patientinnen und Patienten dar“, so Prof. Dr. Vogt abschließend.