Donnerstag, März 28, 2024

Ärzte und Pflegepersonal zu Sterbehilfegesetz befragt

Das 2015 verabschiedete Sterbehilfegesetz, das die geschäftsmäßige Suizidbeihilfe unter Strafe stellt, wird von Ärzten und Pflegepersonal als zwiespältig empfunden.

In einer jetzt in der Fachzeitschrift „DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2017) veröffentlichten Umfrage zum Sterbehilfegesetz kritisieren beide Berufsgruppen unpräzise Formulierungen und die daraus resultierende unzureichende Rechtssicherheit. Rund 40 Prozent der befragten Ärzte und etwa 43 Prozent der Pflegekräfte halten das Sterbehilfegesetz in seiner jetzigen Form nicht für sinnvoll.

Paragraph 217 des Strafgesetzbuchs (StGB) droht Personen, die „in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewähren, verschaffen oder vermitteln“ eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe an. Schon bevor der Bundestag das Gesetz verabschiedete, äußerten Juristen und Mediziner Bedenken. Rechtsexperten kritisierten es als „moralistisch und paternalistisch“, Ärzte befürchteten, dass sie sich bereits durch einen einmaligen Hinweis auf eine Suizidbeihilfe im Ausland strafbar machen würden.

Einstellung betroffener Ärzte und Pflegekräfte zum Sterbehilfegesetz untersucht

Die Medizinstudentin Julia Zenz von der Ruhr-Universität Bochum, die ehemalige Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Ruth Rissing-van Saan und der Schmerztherapeut Professor Michael Zenz, Emeritus der Ruhr-Universität Bochum haben die Einstellung betroffener Ärzte und Pflegekräfte hierzu untersucht. Dazu befragten sie im März 2016 auf einer Fachtagung für Palliativmedizin beide Berufsgruppen nach ihrer Einschätzung. Den verteilten Fragebogen beantworteten insgesamt 138 Mediziner sowie 318 Pflegekräfte. Die meisten stießen sich an der unklaren Formulierung des Gesetzes. So gaben rund 54 Prozent an, dass aus dem Gesetz nicht genau hervorgehe, welche Form der Suizidbeihilfe erlaubt sei und welche nicht. Etwa 42 Prozent erklärten, dass das Gesetz die Selbstbestimmung der Patienten einschränke. Nur 32,5 Prozent waren der Meinung, das Gesetz stärke ihre Rechtssicherheit.

Gleichzeitig sahen rund 68 Prozent der Ärzte ihre Gewissensfreiheit durch das Sterbehilfegesetz nicht eingeschränkt. Auch hinsichtlich ihrer Therapiefreiheit fühlte sich die Mehrheit mit 77,5 Prozent nicht beschnitten. Dennoch hielten insgesamt nahezu 43 Prozent der Ärzte und fast 41 Prozent des Pflegepersonals das Sterbehilfegesetz nicht für sinnvoll.

Für die Autoren geben die Ergebnisse Anlass zum Nachdenken: Positiv sei zwar, dass der Begriff der „Sterbehilfe“ im Gesetz nicht verwendet werde. Dieser ist nach Ansicht der Experten missverständlich, da sowohl die zulässige Schmerztherapie mit starken Schmerzmitteln als auch eine strafrechtlich verbotene Tötung auf Verlangen darunter verstanden werden kann. Dennoch gäbe es viele Unklarheiten in den Begrifflichkeiten. Die Tatsache, dass über 50 Prozent der Befragten angeben, nicht zu wissen, welche Handlungen zukünftig erlaubt seien, zeige, dass das Gesetz Ärzten und Pflegekräften keinen sicheren Rahmen und den betroffenen Patienten nicht den vom Gesetzgeber gewünschten Schutz biete.

Darüber hinaus kritisieren die Autoren die Formulierung des Gesetzes in Absatz 2, der Angehörigen des Sterbewilligen sowie ihm nahestehende Personen von einer Strafverfolgung ausnimmt. Inwieweit Ärzte und Pflegende dem Patienten nahestehen, formuliert das Sterbehilfegesetz nicht. Sie werden mit keinem Wort erwähnt. Hier wäre mehr Klarheit wünschenswert. Für die Experten ist es deshalb nicht verwunderlich, dass Ärzte und Pflegekräfte in der Palliativmedizin verunsichert sind. Diese Unsicherheit behindere eine gute Behandlung schwer kranker Menschen und eine offene Kommunikation über ihre Ängste und einen damit verbundenen möglichen Sterbewunsch.

J. Zenz, R. Rissing-van Saan, M. Zenz:
Ärztlich assistierter Suizid – Umfrage zu § 217 StGB
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2017; 142 (5); e28–e33

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